Auch ein Eiskeller kann ganz schön heiß werden. Zum Beispiel, wenn Jupiter Jones im selbigen ein Konzert geben. Genau das war am vergangenen Freitag in Laupheim der Fall: Vor nur 250 Gästen spielten die Shooting-Stars tief unter der Erde ein Privatkonzert bei Radio7 und begeisterten eine Woche vor ihrem Auftritt beim Bundesvision-Songcontest das Publikum mit mal sanften, mal rockigen Tönen. Und schnell war klar: Auch unplugged können die Jungs von Jupiter Jones ganz schön Gas geben. Während des Auftritts standen nur Wasser und Fruchtschorle auf der Bühne, bei der anschließenden Autogrammstunde gönnten sich die Musiker dann aber auch ein Fläschchen Bier – wohl verdient nach einem tollen Auftritt.
Noch vor dem Konzert haben sich Sänger Nicholas Müller und Gitarrist Sascha Eigner Zeit genommen für ein Gespräch mit Musiktipps 24 und erzählt, wie das Leben der Band vor "Still" aussah, was es mit dem Bandnamen auf sich hat und wie der Erfolg mit dem Major-Label kam. Das Gespräch führte Cat, die Bilder machte Iris Mauch.
Musiktipps24: Nicolas, bist Du bei Jupiter Jones nur als Sänger zugange oder spielst du auch Instrumente?
Nicholas Müller: Ich spiele auch Gitarre. Leidenschaftlich, aber laienhaft…. Wenn man mal die Zeit rechnet, die ich schon Gitarre spiele, und sieht, wie gut ich bin, ist das schon fast ärgerlich… (lacht) Ich bin ein bisschen lernfaul, ein ganz kleines bisschen.
Würdest du das auch so sehen, Sascha?
Sascha Eigner: Ehrlich gesagt: Ich glaube, ich bin nicht viel besser…(lacht)
Ihr macht seit neun Jahren zusammen Musik. Wie hat sich diese denn im Lauf der Zeit entwickelt?
NM: Boah…also… Am Anfang war noch sehr viel Sturm und Drang dabei. Wir sind bei der ersten Platte ins Studio, ohne groß zu wissen, was wir da machen. Ohne Produzenten, ohne darüber nachzudenken. Aber wir haben es mit Herzblut gemacht, und deswegen hat es wohl auch ganz gut funktioniert. Das ist ein Unterschied. Vom Sound her haben wir uns ein bisschen vom ganz Argen, Schnellen abgewandt, aber trotzdem sind wir der Rockmusik immer treu geblieben. Und so ist „Still“ schon ein repräsentativer Song von JJ, auch wenn man das nicht sofort denkt. Wir hatten vom ersten Album an solche Popsongs mit drauf, die damals schon radiotauglich gewesen wären, wenn sie ein bisschen besser aufgenommen worden wären.
Ihr habt mit Eurem eigenen Label angefangen. Das hat ja Vor- und Nachteile: Man sucht sich selber den Bandnamen aus, bestimmt, welche Musik aufs Album kommt, muss keine Rücksicht auf Vorgaben der Plattenfirma nehmen… Jetzt habt Ihr den Durchbruch mit einem Major Label (Columbia/Sony) geschafft. Habt Ihr nach all den Jahren die Schnauze voll gehabt von der Selbstvermarktung und nach dem dritten Album aktiv nach einem Major Label gesucht?
SE: Eigentlich haben wir schon vorher gesucht. Ich mache das Management der Band und bin auch dafür zuständig. Da gab es aber noch kein Interesse an der Band. Als wir mit dem dritten Album zum ersten Mal in den Charts auftauchten, sind die Ohren auf einmal weiter aufgegangen. Beim vierten Album haben wir wie beim dritten drei Songs im Studio aufgenommen, einen Demo-Mix gemacht, und dann bin ich losgegangen zu den Plattenfirmen. Da gab es zum ersten Mal ein richtig positives Feedback. Ganz wichtig war uns, dass die Plattenfirma die Philosophie der Band versteht, dass sie weiß, wo wir herkommen, und dass wir mit ihr zusammen den Weg so weitergehen können, wie wir uns das vorstellen, dass sie nicht versucht, uns umzukrempeln. Da haben wir es mit Columbia ganz gut getroffen. Das ist ein sehr nettes Team, eine sehr familiäre Zusammenarbeit – und der Erfolg zeigt ja, dass es die richtige Wahl war.
War da „Still“ eine Art Türöffner?
SE: Also definitiv, das war es…“Still“ war unter den 3 Songs, die wir vorgespielt haben, ja. (Gelächter)
Jetzt habt Ihr mit dem Major Label Erfolg. Ist es jetzt schwieriger, sich selbst zu verwirklichen?
SE: Man muss bestimmte Dinge diskutieren, das ist ganz klar. Die Plattenfirma zahlt alles und hat dadurch natürlich ein Recht, in vielen Dingen mitzusprechen. Letztendlich geht es darum, Geld zu verdienen, Platten zu verkaufen. Aber es ist nicht so, dass man uns etwas vorschreibt, sondern die warten größtenteils erst auf unser Feedback. Und dann diskutiert man, bis man auf einen Nenner kommt. Das lief bis jetzt alles ziemlich glatt. Letztendlich haben wir alles so gemacht, wie wir es wollten. Es hat sich total gelohnt. Ohne dieses Label hätten wir diesen großen Erfolg vermutlich nicht gehabt.
NM: Die erste Krux wäre gewesen, dass wir gar nicht gewusst hätten, wie wir ein neues Album finanziell hätten stemmen sollen. Es ist ja nicht mit der Aufnahme und Vervielfältigung getan, das zieht ja einen unglaublichen Kosten-Rattenschwanz nach sich. Wir hätten es wahrscheinlich hinbekommen, aber ob wir das nervlich noch mal ausgehalten hätten? Man muss sich überall Geld leihen…das wäre rein von den Existenzängsten, die so was mit sich bringt, echt schwierig geworden.
Acht Jahre relativ unbemerkt von der Welt an der Karriere schrauben, kann sicher manchmal auch frustrierend sein. Was bewegt einen da in düsteren Momenten zum Weitermachen?
NM: Wir hatten das ungemeine Glück, gerade durch die ersten Platten in eine recht rege Szene aufgenommen worden zu sein. Zum Spannungsfeld Punkrock gehört alles Mögliche, und das ist sehr aktiv in Deutschland. Von daher haben wir uns eigentlich auch die acht Jahre davor nie alleine gefühlt. Bei unserem letzten Jahresabschluss vor dieser Platte waren auch 1500 Leute an dem Abend da, die sind nur wegen uns gekommen. Wir hatten es also schon vorher relativ gut. Aber klar, da war auch viel Ochsentour dabei; wir haben an Orten geschlafen, da würden andere noch nicht mal sitzen wollen. Man spielt halt überall… Die harte Schule hat uns ganz gut auf das vorbereitet, was jetzt kommt. Jetzt haben wir es viel besser, viel luxuriöser… was ja aber auch nicht schwer ist unter solchen Voraussetzungen (lacht). Aber es ist auch nicht alles romantisch und „Yeah Rock’n’Roll“. Ich steh’ morgens nicht auf und bin schon der Rockstar und hab’ gemachtes Haar und geh’ in ein Leben, in dem mir alles hinterher getragen wird. Wir wussten schon, dass wir uns einen anstrengenden Job ausgesucht haben. Und das ist sehr, sehr wertvoll. Ich glaube, daran zerbrechen viele junge Bands, die schnellen Erfolg haben: Dass sie einfach nicht wissen, was abgeht und dass hier so viele Schweinehunde unterwegs sind. Das kann man sich überhaupt nicht vorstellen, wie viele das sind. Es gibt mindestens genau so viele nette, aber auch ganz viel zwielichtiges Volk.
Ihr seid gereift mit der Musik und mit den Jahren und lasst Euch bestimmt auch nicht so leicht
über den Tisch ziehen– oder?
NM: Sascha ist die Judikative und die Exekutive und alles auf einmal (Lachen). Hier geht, ganz ehrlich – und das ist jetzt auch total unromantisch und überhaupt nicht Rock’n’Roll – kein wichtiger Vertrag über den Tisch, ohne dass da nicht mindestens zehnmal ein Anwalt drüber geguckt hat. Anders kann man es gar nicht machen. Es geht einfach nicht.
Wie kam es zu dem Bandnamen "Jupiter Jones" (engl. Name einer Hauptfigur der Jugend-Krimi-Hörspielreihe „Die Drei Fragezeichen“, Anm. d. Red.)? Wer ist hier so ein Fan von den „Drei Fragezeichen“?
SE: Eigentlich alle (Gelächter). Bis heute noch. Wir haben gerade eines der schönsten Geschenke bekommen von unserer Plattenfirma, die ja auch „Die Drei Fragenzeichen“ veröffentlicht. Sie haben jedem von uns vor ein paar Wochen alle „Drei Fragezeichen“-Folgen auf CD geschenkt. Das war eines der schönsten Geschenke der letzten Jahre, weil er (deutet auf Nicholas) noch jeden Abend damit einschläft (Lachen)…ich höre ausschließlich „Drei Fragezeichen“ beim Autofahren. Ja, wir sind wirkliche Fans.
NM: Zum Beispiel gestern Abend – das war wieder phänomenal: Ich war total unruhig und nervös, als ich ins Bett ging, habe die „Drei Fragezeichen“ angemacht und nach drei Minuten war ich komplett sediert…
Ihr hört das also auch im Tourbus?
NM: Meistens fünf verschiedene Folgen… (Lachen)
Seit "Still" kennt Euch jedes Kind in Deutschland. Hat sich Euer Publikum geändert mit dem Erfolg? Und ändert sich Eure Musik auch dadurch?
SE: Es hat sich natürlich ein bisschen geändert. Es kommt jetzt auch das typische Mainstream-Publikum, das durch die große Radiopräsenz aufmerksam geworden ist. Aber negativ ist mir das bis jetzt noch nicht aufgefallen. Die Leute kommen ja nicht total unvorbereitet zu unseren Konzerten. Im Internet kann man die Songs überall anhören. Wer das dann nicht mag, der kommt auch nicht aufs Konzert.
NM: Es kommt ab und an vor, dass Leute nach dem zweiten ruhigen Song gehen, weil sie wissen, jetzt kommt nur noch Lautes, aber das ist ein Bruchteil, ein winziger Bruchteil – der Rest bleibt und lebt auch mit den lauten Songs.
SE: Das zeigt auch, dass die Leute das Album akzeptieren. Jetzt haben wir gerade eine goldene Schallplatte verliehen bekommen. Es ist also nicht so, dass nur die Single sich verkauft, sondern wir haben jetzt auch 100.000 Alben verkauft. Das spricht ja auch für die Musik im Gesamten.
NM: Für die, die's ruhiger mögen, gibt es auch die unplugged DVD, die wir gemacht haben. Irgendwann wird der Tag kommen, da machen wir noch mal irgendwas unplugged. Aber in der Regel sind wir laut.
Thema Konzerte: Heute spielt Ihr unplugged für 250 Leute. Normalerweise füllt Ihr mittlerweile schon Konzertsäle mit 1000er-Marke. Wie sah das noch vor einem Jahr aus?
NM: So 250 Leute?
SE: Im Schnitt 300, 400 Leute. Es gibt natürlich auch regionale Unterschiede. Im Süden und auch im Osten war es immer schwieriger als im Norden. Aber mittlerweile ist es echt so, dass die ersten Shows schon ausverkauft sind, in Dresden zum Beispiel. Es zieht überall an!
NM: Das war das, was ich meinte. Wir hatten ein bisschen Glück, weil es halt auch so ein Szene-Ding war. Wenn sich jetzt jemand beschwert, sind das eher die Fans von früher – vielleicht ja auch vollkommen zurecht, das ist ja auch eine emotionale Geschichte, wenn eine Band größer wird. Das kenne ich auch von vielen Bands, die ich mochte und noch mag.
Was für ein Gefühl ist das, vor einer großen, ausverkauften Halle zu spielen?
NM: Das ist jetzt eine sehr diplomatische Antwort, aber es ist tatsächlich so: Es hat beides seine Qualität. Es ist total Spitze, gerade bei den unplugged Geschichten, vor „nur“ 250 Leuten zu sitzen, sie direkt vor der Nase zu haben, das ist sehr intim. Als Zuschauer ist man direkt bei der Band – das ist echt schön, so empfinde ich es zumindest. Die Festival-Shows sind natürlich spektakulär, man hat da unheimlich viele Leute stehen, die abgehen. Das ist so ein erhabenes Gefühl, eine Art Kindertraum: „Irgendwann stehe ich mal auf der Bühne vor 60.000 Leuten.“ Das ist verrückt. Wir machen also beides fürchterlich gerne, aber die Club-Shows sind uns vielleicht ein bisschen lieber, denn wir legen schon ein Wert darauf, dass die Leute unsere Musik nicht nur als Ware und Produkt sehen, sondern etwas damit verbinden – und das geht besonders gut, wenn man Kontakt zu den Leuten hat. Deswegen kommen wir auf dieser Akustik-Tour nach dem Konzert auch raus zu den Leuten und unterhalten uns da auch noch eine Runde mit denen.
Zum Abschluss hätten wir gerne noch gewusst, welches Euer schönstes, verrücktestes oder peinlichstes Konzerterlebnis war.
NM: Ich kann mich an eine Sache in Bayern erinnern. Es gab mal eine ungesunde Zeit, da hatte ich mal rumprobiert und wusste, dass vier Jägermeister vor dem Konzert den perfekten Pegel herstellen, um eine gelöste Zunge zu haben, aber trotzdem nicht ausfällig zu werden in irgend einer Art und Weise. Und an einem Abend habe ich also vier Jägermeister getrunken und erst hinterher gemerkt, dass es doppelte waren. Kurze Zeit später habe ich gemerkt, dass acht Jägermeister vor einem Konzert eindeutig zu viel sind. Ich kann mich nicht an alles erinnern, aber ich glaube, es war legendär: eines der schlechtesten Konzerte (Gelächter).
SE: Bei mir war es mein erstes „Tote Hosen“-Konzert. 1990 war ich erst 15, und ich hab’ zum ersten Mal meine Haare gefärbt mit einem Mittel aus dem Drogeriemarkt. Ich wusste gar nicht, was ich damit anfangen sollte und hab’ mir das in die Haare geschmiert, ohne den Beipackzettel zu lesen, und wusste nicht, dass man das wieder auswaschen soll…In der pogenden Menge haben wir geschwitzt wie verrückt – da ist mir diese ganze Suppe runtergelaufen und ich sah aus, als ob mir gerade jemand ein Messer in den Hals gestochen hätte, weil alles rot war (Gelächter). Das war ziemlich peinlich.
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