Ja ja, ich weiß es. Das hat rein gar nichts mit Musik zu tun. Aber der Auftritt des 88-jährigen, mehrfachen Literaturpreisträgers Marcel Reich-Ranicki bei der Verleihung des diesjärigen deutschen Fernsehpreises war mir diesen Beitrag wert.
Ranicki hatte bei der Übertragung, am gestrigen Sonntagabend im ZDF, den Ehrenpreis für sein Lebenswerk auf der Bühne abgelehnt. Stattdessen setzte es in seiner Rede eine verbale Ohrfeigen-Arie für die Intendanten der großen deutschen Fernsehsender (ARD, ZDF, Sat 1, RTL….).
Mir hat der alte Mann dabei echt imponiert. Denn er hat völlig Recht in seiner Kritik. Natürlich kommen nun alle aus den Löchern gekrochen, klatschen Beifall und wettern im Einklang mit dem Kritiker über das Fernsehprogramm. Ranicki sagt was schon viele vorher dachten.
Das Gala-Publikum im Saal war während der Rede hochgradig amüsiert. „Alles dumme Menschen“, wird in verschiedenen Internetforen unterstellt. Ganz ehrlich: Ich hätte mich totgelacht wenn ich live dabei gewesen wäre. Anfangs weil Ranicki wirklich lebendig und gewohnt „charmant“ mit Worten um sich wirft. Das allein ist Unterhaltung. Nur wenige Augenblicke später hätte mein Lachen den verdutzten Programmchefs in den vorderen Reihen gegolten. Man muss schließlich erstmal realisieren worauf Ranicki hinaus will. Standing Ovations hätte der Guteste danach von mir bekommen.
Muharhar, da kommt der alte Opa in den Saal und zieht die gesamte Meinungsmacher-Elite erst aus und dann nackend durch den Kakao. Köstlich! Ganz großes Kino. Ein völlig faszinierter Johannes B. Kerner würde gern sein Kinn am Boden suchen wenn er die Augen vom Rednerpult wegbekäme.
Moderator Thomas Gottschalk gibt sich souverän und reagiert mit einem spontanen Schlichtungsangebot. Gottschalk selbst will eine einstündige Sendung moderieren in der Ranicki die Möglichkeit bekommen soll, über den Werteverfall im Fernsehen zu referieren. Und ich bin mir schon eine Sekunde darauf sicher, dass ich das unbedingt sehen muss. Die Sendung wird höchstwahrscheinlich an einem Sonntag im ZDF ausgestrahlt. Wenn es denn überhaupt dazu kommt. Denn das bezweifelt Ranicki auf der Bühne, bevor er Gottschalk mit einer Anekdote das Du anbietet.
Im Nachhinein bedauerte Ranicki, nicht schon im Vorfeld den Preis ausgeschlagen zu haben. Aber anscheinend war ihm nicht bewusst was in an diesem Abend erwarten würde. Er hat es bei dieser Gala eben einfach nicht ausgehalten. Bezeichnet das Programm als armseligen Blödsinn. Es fällt mir nicht schwer das zu nachzuvollziehen. Dann hat er seine Meinung darüber öffentlich zu Wort gebracht und den Pfeil mitten ins Schwarze getroffen. Darüber wird man jedenfalls noch lange reden. Mehr davon Hr. Ranicki, bitte!
Hier das Video zum Eklat beim deutschen Fernsehpreis. In voller Länge!
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