Autor: Christel / Fotos: Antje
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Ich fürchte, es gibt eine neue Toxikomanie: werde ich jetzt auch godojsüchtig? Da habe ich mich doch tatsächlich – was sicher keiner großen Überzeugungskraft bedurfte – spontan überreden lassen, am Sonntag auch noch nach Mannheim in den Maimarktclub zu fahren. Und – ich bereue es nicht.
Thomas und sein Dreamteam: Sie haben ihr Publikum beobachtet, genau hingehört und offensichtlich auch alles gelesen, was es an Kommentaren zu lesen gab. Wie sonst ist es zu erklären, dass die Godo!s immer wieder ihr Programm spontan an die Situation anpassen, Stücke umbauen, Moderationen verbessern, Aktionen ändern und mit den Fans spielen? Das Gefühl vermitteln, dass jedes Konzert etwas anders ist? Sicher sind sie immer noch auf der Suche nach dem ‚richtigen Ton’ (Songs) aber: Die Band kommt mit unbändiger Spielfreude daher und liefert keine langweilige Routine, die man erwarten würde, wenn man einen Marathon von fast 40 Konzerten in 3 Monaten durchstehen muss, sondern beschenken uns immer wieder soliden, handgemachten Rock, gewürzt mit Gags, Humor, Überraschungen und Gefühlsorgien. Auch für Nichtfans ein Erlebnis der anderen Art.
Nach den Berichten von Nürnberg und Hörensagens wegen Thomas Stimmproblemen, liegt die Befürchtung nahe, dass Thomas die letzten Konzerte absagen muss. Aber wie er selbst sagt: er würde auch auf allen Vieren auf die Bühne gekrochen kommen, nur um seine Fans nicht zu enttäuschen. Und dann ist er ja auch Rocker, was macht es da schon, wenn es kratzt, solange
noch Töne aus der Kehle kommen? Wenn Thomas denn Schwierigkeiten hatte, wir haben es jedenfalls nur am Anfang gehört. Auf der Bühne vergisst er einfach alles und feiert mit seinem Publikum Abend für Abend eine große Fête. Er ist hautnah bei seinen Fans – und das meine ich nicht nur wörtlich (s. Stagediving in Nürnberg oder mit nacktem Oberkörper in Berlin) sondern metaphorisch. Er beamt sich in die Köpfe seiner Fans, versucht, ihren Vorstellungen gerecht zu werden und ist trotzdem immer er selbst.
Die Turnhallenatmosphäre, schlechte Beleuchtung und Akustik der Maimarkthalle und ein offensichtlich angeschlagener Thomas lassen die Stimmung langsamer als sonst in Gang kommen. Dann legt Tom den Schalter um und ist in seiner wirklichen Welt angekommen. Er singt, moderiert – inzwischen gekonnt flüssig, witzig und auf den Punkt – und spielt mit seinem Publikum. Hier ein großes Kompliment an die Mannheimer Zuhörer: sie haben gestern mit Begeisterung alles aufgegriffen, was Thomas wie ein Dirigent auf der Bühne vorgemacht hat. Der schaut fast ungläubig zu und kostet es sichtlich aus, wie gut die Interaktion funktioniert, ganz gleich, ob er hüpft, die Arme schwenkt, die Arme hoch gestreckt in die Hände klatscht, bei Urke alle Fäuste in die Luft strecken lässt oder bei Autopilot das Abheben und wegfliegen mit den Händen andeutet. Besonders gelungen und lustig ein neuer Gag: er intoniert das „Whooohoooouu“ (‚Song 2’, Blur), lässt sein Publikum nachsingen und nach kurzer Zeit setzen spontan Torsten am Schlagzeug und Dan am Keybord mit ein, das ganze schaukelt sich zu einem rhythmischen Duett hoch. Das rockt und macht allen – vor und auf der Bühne – Riesenspaß!
Mit einem Kniefall und ungläubigem Kopfschütteln quittiert Thomas aber bei der Zugabe, dass kurz nach Einsetzen der ersten Töne von ‚Let It Be’ plötzlich fast alle 2600 Gäste im ausverkauften Maimarktclub für ihn die komplette erste Strophe allein singen. Das ist wirklich Gänsehautfeeling pur. Tom ist überwältigt und die Stimmung und Begeisterung in Mannheim kennt keine Grenzen, als die Godo!s noch einmal richtig abrocken . Die Jungs haben es tatsächlich geschafft, sich trotz sichtlichem Ausgepowertsein noch einmal zu steigern, wirklich alles zu geben und einen tollen Gig abzuliefern. Eine glückstrahlende Band und ein beschwingtes Publikum verlassen die Halle.
P.S: Eine kleine Kritik muss ich dennoch anbringen: Im ‚Graben’ saßen dieses Mal an die 60 Kinder zwischen 6 und 16. Gehören die Kleinen in ein Rockkonzert? Abgesehen davon, dass es spät am Abend ist – wann werden sie alle ein Hörgerät brauchen? Sind die Eltern nur verantwortungslos oder eher egoistisch? Und die größeren könnten sicherlich auch mit ihren Eltern im Publikum stehen. Dann würde Thomas auch nicht in seiner Bühnenshow behindert werden. Ein Appell an die Veranstalter: Kinder unter 14 haben in solchen Konzerten nichts verloren! Das ist keine Hansi-Hinterseer-Nachmittagsveranstaltung oder ein Fernsehgarten für die Familie!
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