Frauen sind kritische Zeitgenossen. Ehemänner können ein Lied davon singen. Frauen vergleichen auch gerne – Sonderangebote, Männer… und Musik. Ja, warum eigentlich nicht? Iris Mauch hat für Musiktipps24 einfach mal zum Spaß zwei Bands verglichen, die beide über eine große Anhängerschar in unseren Landen verfügen, beide gute Musik machen und beide schon Konzerte in der Tonhalle in München gegeben haben. Iris hat im vergangenen Dezember Thomas Godoj dort live mit seiner Band spielen sehen; diese Woche nun hat sie in der selben Location den englischen Kollegen von Razorlight einen Besuch abgestattet. Hier ihre – ganz subjektiven – Erfahrungen…
Borrell oder Godoj? Doch…die vergleiche ich jetzt einfach mal.
Razorlight ist eine bereits relativ etablierte englische Band, die von den Medien – speziell Radio – jegliche Unterstützung erfährt. Die beiden Alben, die ich kenne, „Slipway Fires“ und „Razorlight“, sind vom feinsten. Das höre ich mir sehr oft und sehr gerne an.
Godoj ist eine noch relativ neue deutsche Band, die von den Medien – speziell Radio – ziemlich links liegen gelassen wird. Das erste Album „Plan A!“ hat sich immerhin gleich über 300.000 Mal verkauft, Platin eingefahren und dreht sich ebenfalls sehr oft in meinem CD-Player.
Ich bin jemand, der ganz gerne mal die Gesichter hinter den Silberlingen kennenlernt, daher war ich im vergangenen Dezember auf einem Godoj-Konzert in München (und es folgten noch mehrere) und nun auf einem Razorlight-Konzert in der gleichen Location. Was auf CD beides begeistert, hat auf mich live ganz unterschiedliche Eindrücke hinterlassen.
Der Auftritt:
Razorlight kommen relativ unspektakulär auf die Bühne. Nichts mit Knall, Nebel und tollem Intro. Nein, es geht einfach los. Borrell ist ein guter Sänger und Musiker, aber leider fehlt ihm in meinen Augen jegliches Charisma. Johnny spult sein Programm runter und zwar Zack-Zack, ein Song folgt dem anderen. Wirkt ein wenig gehetzt, so als ob er so schnell wie möglich die Bühne wieder verlassen möchte. Nicht falsch verstehen, der Junge verausgabt sich ziemlich an der Gitarre und ist auch nach kürzester Zeit nassgeschwitzt, aber mir fehlt die Leidenschaft für die Musik, für das was er da auf der Bühne tut.
Dasselbe gilt für seine Musiker. Die Gitarristen hampeln ein wenig auf der Bühne rum, der eine springt ab und zu mal ein bisschen hoch, der andere dreht ständig am Boden an seinen Verstärkern rum. Der Keyboarder im Hintergrund singt ab und zu ein wenig mit, wird zwischendurch mal durch eine nette Sängerin abgelöst. Der einzige, der neben Johnny wirklich arbeitet auf der Bühne, ist der Drummer. Der drischt die ganze Zeit wie ein Wahnsinniger auf sein Instrument ein. Mir fehlt hier der direkte Kontakt zum Publikum, dieses Gefühl, dass Sänger und Zuhörer eine Einheit bilden.
Ein Live-Konzert von Godoj ist dagegen für mich ein Erlebnis für alle Sinne. Da steht ein Sänger auf der Bühne, der völlig in seiner Musik aufgeht, der sehr gefühlvoll interpretiert, der aber auch ziemlich abgeht und ordentlich abrockt. Und er spricht mit seinem Publikum, versteht es, dieses auch in der letzten Reihe abzuholen. Seine Band bildet eine Einheit mit dem Frontmann, wirkt nicht nur als Staffage, sondern zeigt eine ungeheure Spielfreude.
Die Dauer:
Bei Razorlight ist nach ca. einer Dreiviertelstunde der größte Zauber schon vorbei. Gut, es gibt die obligatorische Zugabe, zunächst mit einem relativ ruhigen Stück, nur Johnny mit Gitarre, sehr stimmungsvoll. Dann drehen sie noch mal auf. Aber nach exakt einer Stunde ist der Gig dann auch schon wieder vorbei. Ein kurzes „Thank you very much“ – das war’s. Von einer Band vermeintlichen Formats erwarte ich mindestens ein Konzert von eineinhalb bis zwei Stunden!
Godoj bietet auf seiner ersten Tour bereits ein zweistündiges, sehr abwechslungsreiches Programm – angereichert durch einen unplugged Part und eine Didge&Drum-Einlage und Bodypercussion. Und am Ende der Zugaben hatte ich das Gefühl, dass er und seine Band die Bühne am liebsten nicht verlassen hätten.
Mein Fazit:
Razorlight höre ich mir tausendmal lieber auf CD an, da sind die Songs Spitzenklasse. Live? War o.k. – muss ich aber nicht noch mal haben.
Godoj live jederzeit und immer wieder, denn er ist ein faszinierender Live-Künstler, der es verdient hätte, von den Medien – speziell Radio – mehr Beachtung zu bekommen. So viele gute deutsche Bands gibt es ja nun auch nicht.
Übrigens: Die Vorband „Martin & James“ war echt gut. So gut, dass sie einen eigenen Artikel verdient haben. Also: Haltet die Augen auf; demnächst könnt Ihr was über die Jungs hier lesen.
Foto: Iris Mauch
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