Von David und seiner mehr als außergewöhnlichen Karriere in Japan habe ich schon vor wenigen Monaten erfahren. Damals war er Gast bei Boettinger. Umso mehr erfreute mich dann eine Mail vom Rockbuch-Verlag, in dem man mir sein Buch "The Tokyo Diaries" vorstellte. Weil ich David Schumann und seine ganze Geschichte recht spannend fand (so hörte es sich jedenfalls an), habe ich mir direkt ein Rezensionsexemplar bestellt, das auch prompt wenige Tage später in meinem Briefkasten lag.
Und ich muss sagen: Ich wurde nicht enttäuscht. David Schumann hat ein tolles Buch veröffentlicht. Wie es der Name schon sagt, handelt es sich hierbei um eine Art Tagebuch seiner Zeit in Tokyo / Japan. Der Kölner studierte Japanologie und wollte in Japan seine Sprachkenntnisse auffrischen. In Umrissen habe ich mich in David auch irgendwie wieder erkannt. Eigentlich ist der "Punk" nämlich auch Musiker mit Leib und Seele. Und genauso wie ich oder viele tausend andere junge Menschen suchte er sein Glück und auch seine Karriere in der Musik. Genau wie ich hat auch David wohl von einer Karriere im Musikbusiness geträumt, Musiker sein durch und durch. Trotzdem kommt irgendwann der Moment in dem man Resümee zieht. Die "Twens" neigen sich dem Ende und mit dem Beginn des 30. Lebensjahres fragen sich dann viele, ob es überhaupt noch Sinn macht. Irgendwann muss man sein Leben eben selber leben und dafür müssen die Weichen gestellt werden. David entschied sich für einen der schwersten Schritte: Ein Jahr im Ausland.
Das Buch beschreibt treffend seine Gefühle und Gedanken in den ersten Wochen. Mehr oder weniger alleine und auf sich gestellt in einer 8-Millionen-Metropole wie Tokyo. Langsam findet sich David in Stadt und Kultur zurecht, findet Musiker mit denen sich auch in Tokyo eine Band gründen lässt. Das mit Abstand Absurdeste passiert im allerdings mitten auf der Strasse. David wird von einer Frau angesprochen, die Fotos von ihm machen will. Höflich wie er nun mal ist, lässt er alles geschehen und geht davon aus, dass es sich um schnöde "Erinnerungsfotos mit einem Europäer" handele. Aber weit gefehlt. Die Dame ist ein Model-Scout und kurz darauf findet sich David als Modell in einer der angesagtesten Model-Agenturen von ganz Japan wieder. Der Witz dabei: Wie oben schon erwähnt ist oder war David Schumann mal ein Punk und sieht auch dementsprechend aus. Ein hübscher Kerl, groß und von unten bis oben tätowiert. In Japan haben Tattoos einen ganz anderen Stellenwert wie in Europa, wo sie sich mittlerweile etabliert haben. Japan verbindet Tattoos noch immer mit den Yakuza (jap. Mafia, die ebenfalls am ganzen Körper tätowiert sind) und daher auch mit Kriminalität. Genau diese leicht ruchhafte Attitüde war es aber, die die Fotografen und Modefirmen suchten. Aus Schumann wurde ein gefragtes Modell, das auf der Straße erkannt wurde und sogar eigene Fanclubs hat.
In seinem Tagebuch erzählt Schumann davon, wobei er seine Modelltätigkeit gar eher nebenbei erwähnt. Viel mehr geht es um sein Privatleben, um seine Suche nach einer Frau. Teils war seine Suche nach der Liebe wirklich amüsant zu lesen. Ich habe selten jemanden erlebt, der derart fixiert auf eine Beziehung war und der derart fieberhaft gesucht hat. Fast im kompletten ersten Teil des Buches muss David immer wieder einstecken und mit Enttäuschungen klarkommen, die japanische Damenwelt macht es dem Punk nicht einfach.
Irgendwann wendet sich das Blatt und David hat plötzlich drei Frauen gleichzeitig. Sehr amüsant fand ich die Geschichte in der er ein Groupie via MySpace aufgabelt. Sie lässt ihn wissen, dass sie Sex mit ihm wolle, mit ihm dem gefragten Modell. David lässt sich nicht zweimal bitten…am nächsten Morgen sitzt die wohl hochgradig sexuell erregte Frau nach einer äußerst sexuellen Nacht auf seinem Gesicht und masturbiert. David wird wach, weil er keine Luft mehr bekommt. Da hab ich bald am Boden gelegen. So was muss einem erst einmal passieren. Solche Skurrilitäten ziehen sich durch das ganze Buch und meiner Meinung nach ist es daher absolut lesenswert. Ich war wirklich traurig, als das Tagebuch zu Ende war und wünschte mir insgeheim, dass David noch ein weiteres Mal seinen Aufenthalt in Japan veröffentlicht hätte.
Unter anderem schreibt Schumann auch immer wieder etwas über seinen Musikgeschmack in das Buch. Ausnahmslos Daumen hoch!
Ich gehe davon aus, dass er diese Rezension hier nie lesen wird, aber trotzdem:@David: Jahaaaaa Jack’s Mannequin sind so so cool….ich fand schon Something Corporate voll geil! Musste ich loswerden ;-))
Fazit: Ein wirklich lesenwertes Buch, das mich in den letzten Tagen begleitet hat. David schreibt "frei nach Schnauze" und sein Stil hat mir richtig gut gefallen. Vor allem lässt David den Leser sehr nah am Geschehen teilhaben. Während und vor allem nach dem Lesen hat man das Gefühl (so ging es mir zumindest), dass man ein Freund des Menschen David Schumann sei. Man weiß viel aus seiner Zeit in Japan und hat den Autor in den Tagen des Lesen irgendwie auch lieb gewonnen (ich habe mir mit dem Buch Zeit gelassen und nur Abends in der Badewanne gelesen).
Vielleicht sogar auch für andere Studenten zu empfehlen, die mit einem Aufenthalt in Tokio liebäugeln. Auch als kleiner romanartiger Leitfaden eignet sich dieses Buch. Kaufempfehlung!
Anbei noch der Klappentext zu dem Buch:
Klappentext / Leseprobe "The Tokyo Diaris" von David Schumann
THE TOKYO DIARIES – ein Rock n Roll-Roman
David kann es selbst kaum glauben: Morgen geht sein Flug nach Tokyo, wo er die nächsten Monate in einer Gastfamilie wohnen und an der Uni studieren wird. Was hat er sich bloß dabei gedacht? In Japan angekommen, ist er erst einmal überwältigt von der Schnelligkeit und Unübersichtlichkeit der Riesenstadt Tokyo. Hier ist er jetzt einer unter Millionen, ohne Familie und Freunde, ganz allein auf sich gestellt. Höhen und Tiefen durchlebend, schafft David es, sich zu etablieren. Er findet Freunde, Jobs und spielt bald in zwei Bands. Nur mit den Frauen läuft es so gar nicht. Eines Tages wird David von einer Fotografin auf der Straße angeworben. Auch wenn er sich nicht vorstellen kann, was er als tätowierter Ex-Punker auf so einem Shooting soll, beschließt er hinzugehen. Drei Wochen später erscheint eine Fotostrecke…
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