Hin und wieder bekomme ich ja auch mal eine Mail von Plattenfirmen oder Promotion-Agenturen. So macht man mich also dann und wann auf neue Künstler aufmerksam. Manchmal sind die Sachen ganz nett, manchmal ist auch ein bisschen Quatsch dabei und manchmal wird man per Mail auf absolute hieße Künstler aufmerksam gemacht.
In diesem Fall hat man mich quasi mit der Nase auf die Newcomerin Jasmin Shakeri gestoßen.
Ja Leute, ich bin ein Mann und beim Anblick dieser Frau ist mir im ersten Moment schon ein wenig schwindelig geworden. Jasmin Shakeri ist aber nicht nur ein absolut heißer, optischer Leckerbissen. Nein, die Gute hat eine Hammerstimme. Hier erwartet euch im kommenden Februar DIE deutsche Neuentdeckung im Bereich HipHop, R&B und Soul.
Derzeit startet ihre Album-Promo-Kampagne. Das Debütalbum ist für Februar avisiert, wir halten euch diesbezüglich aber natürlich auf dem laufenden.
Shakeri hat ihre Karriere eigentlich als Backgroundsängerin begonnen (u.a. Yvonne Catterfeld), nun wandelt sie auf Solopfaden und ich bin sicher: Sie mischt das Feld von unten auf.
Anbei findet ihr ein schönes Interview mit Jasmin. Sie erzählt dort von ihrem Werdegang und von ihrem neuen Album. Zudem habe ich ganz zum Schluss einige nette Videos für euch 😉 Reinschauen lohnt sich also…
Durch meinen neun Jahre älteren Bruder, der einen extremen Einfluss auf meine musikalische Entwicklung hatte. Der hat mich auch schon früh dazu gezwungen, auf die vielen kleinen Einzelheiten in einem Song zu hören. Ihm war wichtig, dass seine Schwester das drauf hat. Das war wohl Ausdruck seiner Bruderliebe (lacht), aber hat natürlich auch viel Spaß gemacht.
Das war also deine musikalische Grundausbildung, in der du sehr selektiv und aufmerksam Musik gehört, und Songs nicht bloß nach gut oder schlecht beurteilt hast?
Genau, auch in textlicher Hinsicht. Weil er mich immer gefragt hat, ob ich überhaupt einen Schimmer davon habe, was denn da gesungen wird. Er ist immer der Meinung gewesen, dass man einen Song im Ganzen nicht fühlen kann, wenn man keinen Zugang zu den Texten hat. Weil einem dadurch ein bestimmtes emotionales Spektrum immer vorenthalten bleibt. Und der Meinung bin ich auch. Natürlich kannst du beim Hören eines Textes auch ein Gefühl empfinden, ohne dir wirklich über den Inhalt im Klaren zu sein. Aber der Genuss des Sahnehäubchens wird dir dann immer verwehrt bleiben.
Hast du denn in früher Kindheit bereits mit dem Singen begonnen?
Ja und nein, denn bei mir zuhause hat jeder gesungen. Und zwar völlig hemmungslos und unabhängig davon, wie gut es jeder konnte (lacht). Ich war immer schon ein Entertainer, allerdings nicht unbedingt dafür bekannt, schon damals eine grandiose Range gehabt zu haben und sechs Oktaven durchsingen zu können. Ich bin keine geborene Sängerin und habe erst mit sechzehn Jahren von meinem damaligen Freund so ein Feedback bekommen, dass ich das vielleicht mal ernsthaft angehen sollte. Der hatte ein eigenes Tonstudio, in dem ich dann auch meinen ersten Song aufgenommen habe. Das war ein Liebeslied, das mit Autotune aufgepeppt wurde, und auf dem ich mich fast anhöre wie Cher in „Believe“. Ich bin also damals schon meiner Zeit meilenweit voraus gewesen (lacht).
Da hast du dann ja auch angefangen, Gesangsstunden zu nehmen, weil du gemerkt hast, dass im Gesang für dich noch mehr zu holen ist. Vorher hast du aber vor allem viel getanzt, oder?
Ja. Tanzen ist eigentlich das Metier gewesen, in dem sich vom Gefühl her von Anfang an keine Fragen gestellt haben. Da hatte ich von Kindesbeinen an auch eine gewisse Selbstsicherheit. Ich halte mich zwar nicht für die allerbeste Tänzerin, aber für einen Menschen, der Musik extrem gut fühlen kann, der im Tanz ein Ventil findet und darin Gefühle sehr gut transportieren kann. Es gibt sogar Babyvideos von mir, wo ich schon mit den Fingern schnippsen will und perfekt zum Beat mit meinem Windelarsch wackele. Das Singen kam dann erst später dazu.
Wann hast du denn das erste Mal in einem Rahmen auf der Bühne gestanden, der über einen familiären oder freundschaftlichen hinaus ging?
Das war mit Sedoussa. Deren Sängerin Celina habe ich über die Chefin meines jetzigen Verlages kennengelernt, weil die der Meinung war, wir sollten textlich mal zusammenarbeiten. Und das hat tatsächlich gepasst wie die Faust auf’s Auge, wir haben uns auch menschlich total gefühlt. Und Celina meinte irgendwann, dass ich toll singen würde und hat mich dann als Background-Sängerin mit auf Tour genommen. Das war natürlich ein absoluter Egoboost, den ich extrem gebraucht habe, und der den Startschuss für das gegeben hat, was ich jetzt mache. Denn es ist eben doch etwas anderes, ob du Komplimente von deinen Eltern oder deinem Liebsten bekommst oder von jemandem, zu dem du stimmlich aufblickst. Und danach ging es richtig los. Ich bin dann ja auch lange mit Yvonne Catterfeld auf Tour gewesen und habe nun die letzten drei Jahre an meiner eigenen Karriere gearbeitet.
War dir denn bereits nach deinen ersten Background-Jobs bewusst, dass das für dich eine ernsthafte berufliche Option werden wird?
Nein, am Anfang habe ich eigentlich bloß aus Spaß gesungen und war einfach dankbar und erleichtert, plötzlich Geld damit verdienen zu können. Ich wollte auch gar nicht unbedingt Frontkünstlerin werden, weil ich bei meiner Zeit mit Yvonne Catterfeld auch mitbekommen habe, dass das nicht immer nur ein Zuckerschlecken ist. Den Wandel hat dann eigentlich erst mein berufliches Aufeinandertreffen mit den Beathoavenz gebracht. Das waren vorher bereits meine Freunde, aber mich dann mit deren Beats auseinanderzusetzen und die ungehemmte Arbeitsatmosphäre erleben zu können, das war der Knackpunkt.
Wenn ich dich richtig verstanden habe, ist das Entdecken deines gesanglichen Talents vor allem durch dein Interesse an Sprache entstanden, richtig?
Genau. Sprache ist schon fast eine Art Fetisch von mir. Wenn jemand verbal stark und schlagfertig ist und aus dem Effeff verbal kontern kann, dann kann der auch einbeinig durch die Gegend robben, ich finde den trotzdem total genial. Das ist etwas, was mich extrem anzieht bei Menschen. Ich steh einfach auf Sprache, die Beschäftigung mit phonetischen Klängen und Kommunikation in jeder Form.
In deiner Biografie auf deiner Myspace-Seite zitierst du Paulo Coelho mit dem Satz „Wenn man auf ein Ziel zugeht, ist es wichtig auf den Weg zu achten, denn er bereichert uns, während wir ihn zurücklegen“. Inwiefern siehst du da Parallelen zu deiner eigenen Laufbahn?
Ich glaube, dass es manchmal schöner ist, seine Ziele nicht vorzudefinieren, sondern diese sich durch den Weg ergeben zu lassen. Das war bei mir auch der Fall. Ich habe gedacht, ich wüsste ganz genau, worum es mir im Leben geht, bis ich gemerkt habe, dass es mir bei weitem nicht reicht, nur auf der Bühne zu stehen und Spaß zu haben. Meine größte Stärke lag immer schon in der Auseinandersetzung mit Sprache, das war für mich immer schon greifbar. Aber es gab natürliche eine Vielzahl von Möglichkeiten, dieses Talent zu nutzen: Studieren, moderieren, singen. Aber das Entdecken meines Gesangstalents hat sich eben erst über den Weg dahin ergeben, das war nicht offensichtlich, daran musste ich arbeiten. Und jetzt lautet mein anvisiertes Ziel vor allem, urbane Musik mit einem hohen textlichen Anspruch zu verbinden, und dabei auch noch Inhalte zu vermitteln. Ich möchte vor allem verstanden werden.
Das Zitat stammt ja aus seinem Buch „Auf dem Jakobsweg“, und wenn man einen Pilgerweg beschreibt, ist das Ziel ja meist ein heiliger Ort. Dieser heilige Ort war dann für dich also irgendwann die Musik?
Ja, wenn man es so cheesy ausdrücken will. Mein Ziel war es, irgendwann mit beiden Beinen auf dem Texterpodest zu stehen und zu wissen, dass ich Leuten ein Liebeslied auf deutsch über drei Strophen vorlegen kann, bei dem man an keiner Stelle peinlich berührt ist. Ich möchte die deutsche Sprache so repräsentieren, wie sie ist, nämlich unglaublich toll, fantastisch und einzigartig. Manche Leute bezweifeln ja immer noch deren phonetische Schönheit, aber ich weiss, dass das ein fataler Irrglaube ist, und einem so viel Schönes entgeht. Deutsch bietet einem ein ganzes Universum an Vokabeln, eine Vielfalt an Klängen und eine extrem rhythmische Brauchbarkeit. Auf Englisch zu texten kam deshalb auch für mich nie in Frage, weil man darin als Nicht-Muttersprachler nur wenige Neuwortschöpfungen und selten Innovatives erschaffen kann. In seiner eigenen Sprache ist man einfach weniger gehemmt, mit Worten und Klängen zu experimentieren.
Du hast aber auch schon einmal von einer kurzen „Ehekrise in der Liebe zur Musik“ gesprochen. Was war der Auslöser dafür?
Die Ehekrise ist so lange da, wie du nicht weißt, wer du bist, was du kannst und dadurch beginnst, an dir selbst zu verzweifeln. Das ist wie in einer Beziehung: Die kannst du auch nur führen, wenn du mit dir selbst im Reinen bist und den Zuspruch des Anderen nicht brauchst, um einen schönen Tag zu haben. Diese Liebe kannst du nie ganz ausleben, wenn immer bestimmte Unsicherheiten an dir nagen – zumindest nicht über einen längeren Zeitraum. Mir ist eben kein goldenes Mikrofon in die Wiege gelegt worden, ich bin auch nicht von meinen Eltern Richtung Startum gedrillt worden. Ich musste immer wieder einen inneren Kampf mit mir selbst ausfechten, bei dem ich auch an Grenzen gestoßen bin. Man fragt sich natürlich auch, ob man damit dauerhaft seinen Lebensunterhalt bestreiten kann und wohin das führen soll. Aber wenn du selbstsicher und erhobenen Hauptes deinen Weg gehst, hast du auch nicht mehr so viel Angst. Und wenn sich die Platte aus unerfindlichen Gründen nicht verkaufen sollte, werde ich trotzdem eine Möglichkeit finden, mich mit meinem sprachlichen Talent durchschlagen zu können.
Ihr habt ja nun relativ lange an deinem Soloalbum gearbeitet, und es ist bereits seit einiger Zeit fertig. Wieso ist der Release trotzdem erst für Frühjahr 2009 anvisiert? Diese Warterei muss einen doch irgendwann verrückt machen.
„Verrückt machen“ trifft es wirklich sehr genau. Rationalitäten wie „besseres Releasetiming“ oder „Promovorläufe“ sind für die emotionale Seite eines Künstlers schwer nachvollziehbar. Man muss erst einmal verstehen, dass es mehr Faktoren zu beachten gilt als die fertige Show und den Drang, endlich auf die Bühne zu wollen. Dass die anderen Leute um einen herum ebenfalls genau wissen, was sie da tun und man Ihren Ratschlägen vertrauen kann. Im Nachhinein bin ich doch sehr froh, dass es so gelaufen ist. Ich bin mittlerweile dankbar für jeden Tag, an dem ich mich noch besser darauf vorbereiten, Dinge überdenken und an mir arbeiten kann. Wir wollen mit dem Album schließlich ein Zeichen setzen, egal ob für Frauen generell, für junge Mädchen mit Migrationshintergrund, für die urbane Musikszene in Deutschland oder für den Entertainmentbereich an sich. Unser Team hat dafür jeden erdenklichen Beitrag geleistet, wir sind bestens auf alles vorbereitet, und ich befinde mich heute selbst an einem ganz anderen Punkt als noch vor einem Jahr. Vor allem meine Ungeduld habe ich in dieser Zeit zu zügeln gelernt, wodurch ich einen ganz anderen Zugang zu mir selbst bekommen habe. Deswegen ist es eigentlich super, wie es gelaufen ist.
Du machst ja im weitesten Sinne R’n’B, bewegst dich also in einem Genre, das vornehmlich für den Club konzipiert ist. Für die Inhalte der Songs interessieren sich die meisten Leute nicht. Du scheinst darauf aber einen besonderen Fokus zu legen. Willst du also R’n’B machen, der auch außerhalb des Clubs funktioniert oder möchtest du nun Inhalte in die Clubs bringen?
Man kennt doch die Situation: Du tanzt im Club stundenlang zu englischsprachiger Musik, dann kommt auf einmal ein Beat, der sich perfekt in die amerikanischen Produktionen einreihen kann, und plötzlich fängt die Sängerin an, auf deutsch zu singen. Wenn du dann in die Menge kuckst, kannst du die Uhr nach den Gesichtsausdrücken der Leute stellen. Wenn die Leute auf einmal zum Zuhören gezwungen werden, irritiert die das sehr schnell, der Tanzmoment ist auf jeden Fall für einen kurzen Augenblick unterbrochen. Deshalb weiß ich nicht, ob in den Clubs nicht eher Remixe von mir laufen werden, die etwas minimalistischer gehalten sind und lediglich Vocal-Fetzen beinhalten. Ich würde sehr gerne erreichen, dass sich auch deutschsprachiger R’n’B in den Clubs etabliert, gerne auch mit Inhalten. Das wäre ein Novum. Aber man muss den Leuten natürlich die Zeit geben, sich daran gewöhnen zu können.
Auf der anderen Seite hat R’n’B ja auch ein etwas schmalziges Image. Fällt es dir selbst manchmal schwer, diese Klischee-Falle zu umschiffen, wenn es um das lyrische Beschreiben von Gefühlen geht?
Nein. Denn Schmalzigkeit hat für mich etwas damit zu tun, bewusst jemanden berühren zu wollen. So eine erzwungene Gefühlshascherei, bei der es ganz schnell kippen kann. Ich glaube, man spürt als Zuhörer ganz schnell, ob eine Ballade nur deshalb geschrieben wurde, um eine Ballade zu sein oder ob jemandem wirklich etwas auf dem Herzen lag. Da darf man sich dann aber auch nicht reinreden lassen, deshalb wäre so etwas wie ein Fremdtexter für mich undenkbar. Es muss bei einem Künstler immer Punkte geben, die schwer verhandelbar sind, damit man ihn überhaupt greifen kann. Man muss diesen schmalen Grat finden zwischen Kritikfähigkeit, absoluter Entschlossenheit und dem Vertreten seiner Standpunkte.
Einer der ersten Songs, der von dir in größerem Maße wahrgenommen wurde, war „Spank Dat Ass“. Das Feedback darauf war doch sicherlich sehr gespalten.
Allerdings. Das ging von „Toll, wie schön du textest und Bilder mit deinen Worten malst, ohne dabei ordinär zu werden“ bis hin zu „Du bist eine Schande für alle Iranerinnen, deine Eltern sollten sich für dich schämen“. Ich bin jetzt auch niemand, der sich mit der Lobhudelei brüstet und negative Kritik nicht an sich ranlässt, aber mit der Aussage, das ich eine Schande sei, kann ich einfach nichts anfangen. Da bekomme ich das Gefühl, dass jemand Langeweile gehabt hat, weil er mir etwas abspricht, was ich für selbstverständlich halte: Nämlich den freien Umgang mit Sexualität mit meinem Partner. Was soll denn daran schlimm sein? Ich benutze ja auch absichtlich keine Fäkalsprache, weil ich das unsinnlich finde. Deswegen gibt es auch keine Worte, bei denen man sich die Ohren zuhalten möchte. Man möchte sich eher die Augen zuhalten, weil die Bilder, die ich kreiere, in jedem sofort irgendetwas auslösen.
Bei der Veröffentlichung eines solchen Songs wird man aber auch schnell in diese Schmuddel-Sex-Ecke gedrängt. Hattest du keine Angst, dort eventuell nicht wieder herauskommen zu können?
Nein, denn ich denke, dass man als Künstler durchaus Einfluss darauf nehmen kann, wie man wahrgenommen wird. Man mag „Spank Dat Ass“ hören und sich eine Frau vorstellen, die breitbeinig da sitzt, sich im Schritt kratzt und Kaugummi kaut. Aber ich habe Umgangsformen, eine vernünftige Körperhaltung und kann mich anständig artikulieren. Es steht nicht im Widerspruch zueinander, ein intaktes Sexleben zu führen und sich benehmen zu können. Letztlich ist das aber eben auch nur eine Facette von mir und ich weiß, dass ich aus so einer Schublade binnen Sekunden wieder draußen bin, sobald man öfter Interviews von mir lesen kann und meine Platte draußen ist. Auf dem Album kann man einen Song wie „Spank Dat Ass“ genauso hören wie ein Stück über meine Familie. Ich zeige darauf meine persönliche Seite und meine Karriereseite, meine emanzipierte und meine unterwürfige Seite, meine aggressive und meine verletzliche Seite – das bin alles ich. Das ist alles Jasmin Shakeri.
Gerade im Umfeld urbaner Musik gibt es ja sehr viele Frauen, die sich oftmals mit einer Reduzierung auf äußerlich sichtbare Qualitäten zufrieden zu geben scheinen. Bei dir ist das anders, du trägst durch deine Präsentation deiner selbst ein sehr modernes und selbstbewusstes Frauenbild nach außen. Inwiefern siehst du dich da in einer Vorbildfunktion?
Meine Vorbildfunktion sehe ich vor allem darin, ich selbst zu sein. Ich gebe nicht vor, jemand zu sein, der ich nicht bin. Ich weiß, dass Menschen sofort spüren, ob ein Künstler authentisch ist oder sich ein Image aufgezwungen hat, um einem bestimmten Zeitgeist zu entsprechen. Auch wenn man nicht definieren kann, was genau einen befremdet, wird man nicht warm mit der Person auf der Bühne. Wenn diese Distanz im Raum steht, kann man so viele kluge Ratschläge von sich geben wie man will, es kommt beim Zuhörer nicht an und die Vorbildfunktion wird zur Farce. Sich als Frau einzugestehen, dass man nicht perfekt sein muss, um stark zu wirken, dass man sich nicht verhalten muss wie ein Mann, um sich durchzusetzen, dass die Emanzipation nicht gleichbedeutend damit sein muss, Männer weniger zu schätzen und zu achten – das sind in meinen Augen wichtige Punkte, die ich gerne in meinen Texten impliziere und weitergebe. Alles andere wäre in meinen Augen falsch, anmaßend und nicht mehr ich.
Inwiefern hat denn die orientalische Herkunft deiner Eltern einen Einfluss auf dich gehabt? Das Rollenverständnis im Nahen Osten ist ja oftmals eher traditionell.
Das ist schwer zu sagen. Selbstverständlich haben meine Eltern sehr stark mein Weltbild geprägt, auch mein Bild zu Beziehungen. Was gerne mal als Unterwürfigkeit interpretiert wird, ist für mich eine Selbstverständlichkeit bei der Hingabe einer leidenschaftlichen Liebe und einem hohen Level an gegenseitigem Vertrauen. Diese Art zu lieben ist aber wohl weniger eine orientalische, sondern die Shakeri’sche (lacht). Deshalb habe ich auch keine Hemmungen, meine Liebe zu einem Mann zu äußern. Für mich ist es das Schönste im Leben, von jemandem gebraucht zu werden. Daran ist für mich nichts Verwerfliches.
Es gibt ja viele Menschen, die der Meinung sind, sie würden niemanden brauchen. Du bist Verfechterin des Gegenteils, auch in künstlerischer Hinsicht. Allerdings birgt das auch immer die Gefahr, von bestimmten Personen abhängig zu sein. Beunruhigt dich das manchmal?
Nein, überhaupt nicht. Aber man muss auch der Typ dafür sein. Wenn ein Mann zu mir sagt, dass er nicht ohne mich leben kann, kriege ich keine Angst. Und das ist beruflich nicht anders. Ich mache mich bei meiner Arbeit mit den Beathoavenz total gerne von ihnen abhängig, weil wir gemeinsam etwas aufbauen wollen. Das sind Menschen, für die ich jederzeit meine Hand ins Feuer legen würde. Vom emotionalen Gefühl her gibt es da keinen Unterschied zwischen ihnen und meinem leiblichen Bruder. Auch vom Streitfaktor her nicht oder ihrer Belehrungsaffinität, aber auch nicht von ihrer Bewunderung mir gegenüber als „tollste Frau der Welt“. Diese große Liebe, diese Loyalität geht deutlich über die Musik hinaus. Wenn einer von uns mal Liebeskummer hat, dann wird eben auch mal nicht geackert, sondern bis acht Uhr morgens gesoffen. Das ist eine andere Ebene.
Dein kommendes Album wird „Perserkatze“ heißen, ebenfalls eine Anspielung auf deine Wurzeln.
Genau, daraus mache ich keinen Hehl. Ich habe außerdem immer schon diese Katzenallegorien gemocht. Frau und Katze, das liegt für mich einfach ganz nah beieinander: Diese Eleganz und Geschmeidigkeit. Eigenwillig zu sein, aber trotzdem anschmiegsam. Immer wieder auf allen Vieren landen zu können. Ich bin zwar auch eine Schmusekatze und habe eine Garfield-Seite, doch die Perserkatze vereint meine Herkunft und mein Verständnis von Weiblichkeit am treffendsten.
Du hast zusammen mit Celina ja auch mal ein Rap-Stück aufgenommen, und auch auf deinem kommenden Album gibt es hin und wieder leichte Anleihen in diese Richtung. Siehst du im Rappen für dich eine weitere zukunftsträchtige Option?
Der Genuss beim Rappen liegt für mich vor allem darin, mehr Aussage in eine Passage reinknallen zu können, wobei ich es in meinem Fall wie bei „100 Takte Beziehung“ eher als Gedicht betrachte, nicht als Rap. Deswegen feiere ich das, aber das hat auch wieder nur mit meinem Sprachfetisch zu tun. Aber ich habe zu viel Respekt vor guten Rappern, als dass ich das ernsthaft angehen wollen würde. „Lass es fallen“ mit Celina war eine reine Spaßnummer. Denn Faxen-Rap ist sehr viel einfacher umzusetzen als ernsthaften Rap.
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