Scheinbar unvereinbar? Ein Generalmusikdirektor und ein Rocker? Ein klassisches Sinfonieorchester und eine Rockband gemeinsam auf der Bühne? Keineswegs, Heiko Mathias Förster und Thomas Godoj haben mit „Rock meets Classic“ bewiesen, dass ein solches Event begeistern kann. Sie fanden sich zusammen, um den tragisch betroffenen Kindern des Erdbebens in Haiti ein wenig Hoffnung zu geben und schnell, unbürokratisch zu helfen – und rissen das Publikum im mit 1.100 Plätzen in wenigen Stunden restlos ausverkauften Ruhrfestspielhaus zu Begeisterungsstürmen hin.
Über die Intention dieses Konzerts hatte musiktipps24 schon nach der Pressekonferenz berichtet und auch Thomas Godoj im Interview befragt.
Hier die Eindrücke zur Symbiose zweier (nur) scheinbarer Gegensätze.
Den ersten Teil des Konzerts bestritt Heiko Förster mit seinen Sinfonikern und begann mit dem „Adagio for Strings“ von Samuel Barber, gefolgt vom 2.Satz des Klarinettenkonzerts von Mozart mit dem Solisten Stefan Jank und spannte den Bogen hin zu schnelleren Stücken wie Milhauds „Scaramouche“ mit dem hervorragenden Sopransaxophonisten des Quartetts clair obscur Jan Schulte-Bunert bis hin zum glanzvollen Finale des klassischen Abschnitts die leidenschaftlich vorgetragene Arie „Nessun dorma“ vom Tenor der Deutschen Oper Berlin Felipe Rojas Velozo. Auch alle Gastmusiker waren extra zu diesem Event nach Recklinghausen gekommen und spielten und sangen für den guten Zweck. Ein großes Kompliment an Heiko Förster für diese dem Anlass angemessene Einleitung und den Genuss, den sie ihrem zugegebenermaßen untypischen Klassikpublikum bereiteten, was dieses bereits vor der Pause mit Standing Ovations und tosendem Beifall für das Orchester bedachte.
In der Pause signierten Heiko Förster und Thomas Godoj dann bereits erste Poster, deren Erlös ebenfalls den Kindern Haitis zugute kommen soll. Langsam stieg die hoffnungsfrohe Stimmung der Godoj-Fans und als die Band dann auf der Bühne erschien, löste sich die erwartungsvolle Spannung schon mal in einer jubelnden Begrüßung.
Nach den üblichen ersten fünf Sekunden zum Justieren von Earphones und Stimme, fand Thomas Godoj bei von „Von Allem Etwas“ zu seiner gewohnten Form. Nicht nur das, seine Stimme wirkte klarer, wundervoll in den Tiefen und selbst die Höhen schienen ihm weit weniger Probleme zu machen als gewohnt. Mit der Umsetzung der rockigen Stücke begab sich Heiko Förster auf ungewohntes Terrain, welches sein Orchester jedoch jederzeit souverän meisterte und den Liedern ganz neue, glanzvolle Akzente verlieh. Ganz offensichtlich machte es aber auch den Klassikmusikern Spaß, sie strahlten, wippten mit, nickten zustimmend, schwangen bei „Autopilot“ die Arme und eine Geigerin ließ sich sogar zu Headbanging hinreißen. Beim ersten Song sowie „Uhr ohne Stunden“ und „Helden Gesucht“ war das Saxophon von Jan Schulte-Bunert ein besonderes Highlight. „Nicht Allein“, „Cocoon“ und „Walking With You“ und „Let It Be“ wurden durch das Orchester geradezu geadelt. Aber auch „Schnee Von Gestern“, Zwykla Milosc“, „Notizen“ und „Autopilot“, die nur von der Band gespielt wurden, klangen trotz nicht ganz perfekter Akustik des Vestischen Cultur & Congress Zentrums einfach grandios und machten dieses Konzert zu einem musikalischen Kulturerlebnis der Extraklasse. Die Arrangements für Orchester und Band hatte übrigens Wolfgang Wilger, der Leiter des Rockorchesters Ruhrgebeat, in den wenigen zur Verfügung stehenden Tagen perfekt umgesetzt. Er hat die beiden entgegengesetzten Genres der Musik harmonisch zusammengefügt.
Vermutlich hat das Ruhrfestspielhaus nur selten ein lebhafteres Publikum als dieses erlebt. Insbesondere bei den schnellen Stücken animierte Thomas Godoj wie immer seine Zuhörer und das Orchester und es hielt niemanden auf den Sitzen. Tosender Beifall und die Bravo- und Zugaberufe wollten nach „Let It Be“ nicht enden und „Walking With You“ und „Helden Gesucht“ wurden die gefeierten Songs der Draufgabe.
Nach dem Auftritt standen Heiko Förster und Thomas Godoj Seite an Seite den vielen Autogrammjägern und denen, die einfach nur Danke sagen wollten, noch lange geduldig zur Verfügung. Sie freuten sich, genau wie einige Ensemblemitglieder und Godojs Bandmitglieder Sebastian Netz, René Lipps, Bonny Assan, Torsten Bugiel und Daniel Geist, sichtlich über die Begeisterung und den Zuspruch. Auch das hat das Ruhrfestspielhaus wohl kaum bisher erlebt. Das Original des Posters mit der Karikatur von Kasia Sander, signiert von Heiko Förster und Thomas Godoj, steht in dieser noch Woche zur Versteigerung bei ebay an. Bei Concert Online wurde der gemeinsame Konzertteil mit Thomas Godoj & Band und dem Sinfonieorchester aufgezeichnet und ist dort im Download oder als Stick erhältlich. Man darf gespannt sein, wie viel diese Aktionen noch einmal in die Spendenkasse bringen.
Das Wichtigste dieses Konzerts aber war, dass Thomas Godoj, der nach den erschütternden Bildern aus der Presse einfach ganz rasch – durchaus nicht zum ersten Mal – etwas tun wollte und die Idee zu diesem Konzert hatte, mithilfe vieler Verantwortlicher mit offenen Ohren, sein gestecktes Ziel übertreffen konnte. Unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Wolfgang Pantförder gewann man nämlich, über den reinen Kartenverkauf hinaus, zahlreiche Sponsoren für dieses Projekt. Die Fanforen von Thomas Godoj hatten bis zum Abend noch einmal mehr als 7.700 Euro auf ein Sonderkonto gespendet, sodass schon um 20:00 Uhr feststand, dass bereits mehr als 32.000 Euro für die Kindernothilfe zusammen gekommen waren. Weitere Beträge, wie die von Concert Online, Einnahmen aus Posterverkauf oder 50% des Caterers und viele andere noch nicht inbegriffen. Das Ergebnis dieser Spendenaktion wird daher wohl erst in ein paar Tagen endgültig sein. Fest steht jedenfalls, dass alle Beteiligten – vom Publikum, über die Akteure bis hin zu den vielen Helfern im Hintergrund, hochzufrieden mit dem Ergebnis sein konnten.
Uhr Ohne Stunden mit der Neuen Philharmonie, Saxophonist Jan Schulte-Bunert und Thomas Godoj & Band
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