„Wie heißt dieses Lied bloß?“ – diese Situation kennt jeder. Man hat Fragmente der Melodie im Kopf, kommt aber weder auf den Titel noch auf den Interpreten. Die Seite Musicline verschafft Abhilfe in Form einer außergewöhnlichen Musiksuchmaschine: „Query By Humming“ (Suchanfrage durch Summen). Zum Finden eines Musikstücks wird kein Text, sondern lediglich eine gesummte bzw. durch akustische Laute wie „Lalala“ oder „Nanana“ unterstützte Melodie benötigt. Daraufhin analysiert die Software die rhythmischen und melodischen Eigenschaften der „eingesummten“ Melodie und durchsucht eine Datenbank nach Stücken, aus denen sie stammen könnte.
Entwickelt wurde dieses Verfahren vom Fraunhofer-Institut, wobei der Leiter dieser Arbeitsgruppe – Professor Karlheinz Brandenburger – auch Mitentwickler des MP-3 Kompressionsverfahrens ist. Diese Melodie-Suchmaschine wurde im August 2003 zum ersten Mal der virtuellen Öffentlichkeit vorgestellt. Gegenwärtig finden sich 3500 Titel in der Datenbank.
Weiterhin existiert die Melodiesuchmaschine „Melodyhunt“, welche auf der englischsprachigen Seite Musipedia zu finden ist.
Die Idee klingt schon mal interessant und vielversprechend. Nun gilt es, beide Systeme auf Herz und Nieren zu testen.
Nach dem Anschließen des Mikrofons und meiner großzügigen Zustimmung zum signierten Java-Applet zeigt mir Musicline eine kleine Benutzeroberfläche an. Ich starte die Aufnahme und trällere die Melodie von „Easy Lover“ (Philip Bailey & Phil Collins) ins Mikrofon. Es mag an meinem schrägen Gesumme liegen, oder an der Tatsache, dass die Datenbank noch nicht sehr umfangreich ist, denn laut Musicline war mein fantastisch vorgetragener Song „Duo G-Dur Für Flöte Und Fagott“ von Manfred Ammer. Die Melodie-Suchmaschine auf Musipedia schlägt mir unter anderem ein „Steirisches Volkslied“ vor.
Im Anschluss an eine kurze Beratschlagung kommt die einköpfige Prüfungskommission zu dem Schluss, erstmal etwas Einfacheres auszuprobieren. Der King of Pop wird doch wohl in beiden Datenbanken zu finden sein?! Also schmettere ich die „Lala-Version“ von Michael Jacksons „Heal The World“ (in dieser Woche Platz 18 in den Single-Charts) und füttere damit die Suchmaschine von Musicline. Nach wenigen Sekunden erscheint wieder die Liste mit den 10 ähnlichsten Songs – und wirklich: mit einer 100 Prozentigen Trefferwahrscheinlichkeit wird mir Michael Jacksons Ballade angezeigt! Die Suchmaschine Melodyhunt bei Musipedia identifiziert dieselbe Melodie fälschlicherweise – neben Stücken von Mozart und Haydn – als „Wilkommen“ von Lisa Minelli & Joel Grey.
Da die Stärken von Musipedia hinsichtlich der Suchergebnisse eher bei klassischen Stücken zu liegen scheinen, lasse ich „Air“ von Bach erklingen. Das Ergebnis ist gleichermaßen enttäuschend wie amüsant: die Suchmaschine schlägt das dänische Lied „Kræn Gaades firetur“ vor. Musicline hingegen findet den berühmten Satz aus der 3. Orchestersuite von Bach problemlos.
Der gesummte Gitarrenriff von Deep Purples „Smoke On The Water“ wird ganz unspektakulär und zuverlässig von beiden Suchmaschinen als solcher erkannt. Jedoch sind aktuelle Chart-Hits wie „Jungle Drum“ und „Poker Face“ anscheinend noch nicht in beiden Datenbanken zu finden.
Während Musipedia beim Auffinden der Titel extremst schwächelt (was allerdings den Belustigungsfaktor maximiert), weist Musicline eine recht hohe Trefferquote auf. Einziges Manko von Musicline ist die noch nicht sehr umfangreiche Datenbank, welche hoffentlich noch erweitert wird.
Fazit: Melodieerkennungssysteme stecken zwar noch in den Kinderschuhen, sind jedoch schon jetzt gut dazu geeignet, bekannte Musikstücke zu finden. Mal sehen, was die Zukunft bringt…
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