Das ist einmalig in einer Casting-Show: Nicht nur die Interpretin, die unser Land in Oslo beim Eurovision Song Contest vertreten soll, wird vom Publikum gewählt – auch das Lied, das sie dort singen werden, bestimmt das Volk! Doch wer wird das Rennen machen? Die extrovertierte Lena Meyer-Landrut oder Rockröhre Jennifer Braun? Wir bleiben dran…
„Beide sind würdige Finalistinnen“, betont Stefan Raab am Anfang der Sendung. Für ihn sei es keine Überraschung, dass sich die beiden 18-jährigen „Küken“ durchgesetzt haben.
Doch bevor die Gewinnerin bestimmt wird, muss erst das richtige Lied für den Contest gefunden werden. Je drei Songs werden die beiden singen; zwei werden sich gleichen, einer wurde von den Mädchen selber ausgewählt, sind also auf sie zugeschnitten. Diese Lieder stammen aus einem mehrere hundert Stücke umfassenden Songpool, der Werke aus Kanada, Skandinavien, Deutschland und weiteren Ländern beinhaltet hat. Mit-Juroren sind Stefanie Kloos von Silbermond und Xavier Naidoo.
Jennifer Braun macht den Anfang…
“Bee” heißt das erste Stück, eine locker-flockige Gute-Laune-Nummer. Jennifer hat Soul in der Stimme und Rock im Blut, und beides transportiert sie sehr gut in ihrer Interpretation. Sie meistert die stimmlichen Herausforderungen des Liedes so locker wie die besagte Biene im Song über die Sommerwiese fliegt. Und es stimmt: Jennifer hat sich von Show zu Show gesteigert und setzt dies auch im Finale fort! Stefan Raab lobt Jennifers Talent, sehr viele verschiede Stile zu bedienen und versichert ihr das größte Lob. Auch Stefanie und Xavier finden die Leistung super, wobei letztgenannter sich noch ein bisschen mehr Bewegung wünschen würde.
Bei Lena hört sich das ganz anders an. Ganz speziell Lena-mäßig eben: Etwas schräg, kreativ und spannend. Aber sie wirkt heute noch etwas nervös und angestrengt. Trotzdem: Es gibt eben auch diese Stellen, die echte Gänsehaut aufkommen lassen. Die Jury ist komplett begeistert. Xavier: “Ich bin total glücklich, Dich jetzt auch live sehen zu können. Da hat für mich alles gestimmt.” Und Stefan fühlt sich gar verzaubert.
Die Nummer zwei des Abends heißt “Satellite”. Bei Jennifer ist das ein gefühlvolles Liebeslied mit Bluesakzenten. Am Anfang klingt sie etwas unsicher, steigert sich aber schnell immens. Mir gefällt ihre Stimme; hätte ich die Wahl, entweder ein Konzert von Jennifer oder Lena zu besuchen, würde ich vermutlich die Rockröhre vorziehen, denn Lena wäre mir – Verzeihung – bei aller Kreativität auf Dauer wohl zu anstrengend. Xavier findet den Auftritt super und lobt sowohl Jennifers fantastisches Englisch, ihre Appearance und Approach. Stefan Raab adelt die 18-Jährige gar zur “Königin der Töne”! Und auch Stefanie findet nichts zu meckern.
Dasselbe Lied, aber ganz anders gesungen: Lenas Version ist wesentlich schneller. Statt tiefer Gefühle liefert sie eine freche, gewagt Interpretation, begleitet von einer beeindruckenden Mimik und Gestik. Damit reißt sie das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin. Stefan Raab lobt die Fähigkeit von Lena, neben Musik auch ein bisschen Theater auf die Bühne zu bringen. Oder wie Stefanie das ausdrückt: “Du hast die Geschichte erzählt!” Sie hätte aber auch gerne die langsamere Version von ihr gehört.
Besonders spannend wird es beim dritten Stück des Abends: Hier singt jede Kandidatin was anderes. „I care for you“ heißt Jennifers Titel. Und hier kann sie wieder voll abgehen und mit ihrer Rockröhre punkten. Kaum zu glauben, dass eine 18-Jährige schon so eine Stimme haben kann! Normalerweise braucht es dazu viele durchzechte Nächte und ordentlich Konservierungsrauch, aber so sieht Jennifer nun wirklich nicht aus. 😉 Ganz in ihrem Element ist sie und zieht ihr Ding locker durch. Dafür gibt es von Stefanie den Titel „Frontsau“, wie sie sich jede Band nur wünschen kann. Auch das leichte Kratzen in der Stimme wird gelobt. Auch Xavier findet’s fantastisch, und Stefan bringt es auf den Punkt: „Laut, dreckig, schön und ein bisschen ungeschliffen – das war der Knaller!“
Lena hingegen fordert „Love me“, eine flotte Nummer mit deutlichen Jazz-Einflüssen. Das ist Lena at her best! Der Song passt perfekt zu ihrer Stimme und Performance, und Xavier meint: „Wahnsinn!“ Er würde gerne Unterricht nehmen bei Lena, und die gibt trocken ihren Tarif bekannt: „4000 Euro.“ Stefan freut sich schon auf Oslo: „Wenn das so kracht, fliegen dem Ukrainer die Schneidbrenner um die Ohren!“ Stefanie hingegen würde gerne ein Stückchen von der Leichtigkeit abhaben, mit der Lena auf der Bühne agiert.
Und jetzt ist Warten angesagt. Welcher Song wird für welches Mädchen von den Zuschauern gewählt werden? Die Jury-Tipps: Xavier favorisiert das jeweils 3. Lied, Stefanie tendiert zum 3. für Lena und Nummer 2 für Jennifer, und Stefan will einfach was Schnelles.
Die Pause wird gefüllt mit Schnelldurchläufen und Einblicken in die Proben.
Und dann ist es soweit:
Jennifers Song heißt „I care for you“.
Lenas Song heißt „Satellite“.
Tja – that’s it. Ich hätte mir eher „Bee“ für Jennifer gewünscht und „Love me“ für Lena. Aber Geschmäcker sind eben verschieden…
Nun folgt Runde zwei – Wer soll uns in Oslo vertreten? Zeit, um mal über den musikalischen Suppentellerrand zu schauen und die Konkurrenz aus dem restlichen Europa zu betrachten… Dort haben die meisten schon ihren Favoriten am Start, und von Schlager über Folklore und Ballade bis Rock ist alles dabei.
Lena macht in der Entscheidungsrunde den Anfang mit „Satellite“, dann kommt Jennifer nochmals mit „I care for you“. Beide geben ihr Bestes und werden von der Jury gelobt. Raab zu Lena: „Du erzählst halt eine Geschichte. Das hält die Leute dran.“ Lena gesteht Xavier auf Nachfrage, dass sie Bauchweh hat vor Aufregung – und das hat Xavier ihr auch angemerkt. Zu Jennifer meint er: „Das war noch ne Schippe drauf.“ Auch Stefanie bescheinigt Jennifer „mehr Dynamik“. Eigentlich soll nach den Auftritten eine Jury-Prognose erfolgen, wer es schaffen wird. Doch die drei am Richtertisch weigern sich doch schlichtweg, eine solche abzugeben. Am liebsten würden sie alle beide nach Oslo schicken… Es ist ja auch schwer, denn die beiden sind eigentlich nicht vergleichbar. Zwei Mädchen, zwei ganz unterschiedliche Gesangsstile.
Während sich Deutschland die Finger wundwählen darf, spielt zur Entspannung Xavier Naidoo zusammen mit den brillanten „Heavytones“ dem Publikum und den Kandidatinnen ein Ständchen. Dann sind die Leitungen geschlossen, und die Entscheidung ist gefallen. Doch wer fährt nach Oslo?
Um 22.35 Uhr dann das Ergebnis:
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