David Guetta hat Gänsehaut. Ist das nicht schön für den "X Factor"-Kandidaten Martin Madeja? "So emotional" findet der Weltklasse-DJ die Interpretation von "Titanium", und das Publikum zeigt sich ebenfalls begeistert – trotz aller gesanglichen Schwächen, die der auf einen Sockel erhobene 19-Jährige zeigt. Er ist ja aber auch ein Netter, der Martin.
In der gestrigen Live-Show, die unter dem Motto "Partyhits" stand, waren überhaupt alle Kandidaten recht gut drauf. Auch, wenn manch einer Kloppe von der Jury beziehen musste. "BenMan", das Brüderpärchen aus der Schweiz, zum Beispiel. Die lieferten "Stand by me" in einer erfrischenden Live-Version und waren stilecht im Retro-Look gekleidet. Allerliebst anzuschauen – aber mehr eben auch nicht. Das machten sowohl Till Brönner als auch Das Bo in ihrem Urteil klar. Von musikalischen Leichtmatrosen war da die Rede, und Bo gibt unumwunden zu, dass ihm die beiden Jungs ganz einfach nicht gefallen.
Eine solide Leistung und eine schicke neue Frisur lieferte Rufus Martin, der seine Soulstimme in den Neo-Hit "Closer" quetschte, sich zwar wacker schlug, aber eindeutig bewies, dass dies nicht seine Musikrichtung ist. Fazit: Die Cornrowes auf dem Kopf sind hübsch, der Song war sehr emotional gesungen, und nächste Woche gibt’s hoffentlich wieder eine geballte Ladung Soul auf die Ohren.
Auch Monique Simon, das "Stehauf-Mädchen" der Staffel (schon zweimal auf dem Abschussposten), kann mit "Edge of Glory" von Lady Gaga nicht ganz überzeugen. Zwar hat sie dem Song einen jugendlichen und zugleich unspektakulären Touch verliehen, aber am Anfang kommt sie nicht in den Song rein, da dieser zu schnell arrangiert ist. "Eine kleine, cleane Version von Amy Winehouse" sieht Sarah Connor da auf der Bühne. Ein bisschen hochgegriffen von der Jurorin, die in der Vorwoche für Wirbel sorgte mit ihrer umstrittenen Entscheidung gegen Volker Schlag und für Kassim Auale, der im Entscheidungssong qualvoll daneben sang.
Endlich mal wieder in Hochform präsentierten sich Nica & Joe, die in den Vorwochen ihre eher zäh-klebrigen Popballaden mit Schmalz und Schmackes an die Wand ballern durften. "When Love takes over" kam nicht zu opernhaft und nicht zu schwer verdaulich rüber. Stimmtlich sind die beiden ja sowieso top. Vor Meister Guetta zu performen, der den Auftritt als "crazy" titulierte, war für Joe eine Ehre: "Verdi ist tot, Pucchini ist tot, aber David Guetta ist hier!" Tja, das ist halt der Vorteil der Popmusik gegenüber dem klassischen Bereich…
Ebenfalls sehr gut gelang Raffaela Wais ihr Auftritt mit "One Love". Outfit und Moves einfach traumhaft, Stimme einfach top, und auch die Tiefe und die Emotionen haben hier endlich zusammengefunden und die hübsche Studentin in den Kreis der Favoriten katapultiert. "Für mich bist Du im ganzen Wettbewerb der einzige Star", schwärmte denn auch ihr Mentor Das Bo.
David Pfeffer kann eindeutig als Top-Favorit der Staffel gesehen werden. Mit seiner unaufgeregten, auf dem Boden gebliebenen Art und konstant guten Leistungen wirkt er trotz allem weder langweilig noch routiniert, auch wenn es ihm nicht jedesmal gelingt, einen Zauber über die Bühne zu legen wie bei seiner Top-Nummer von den Kings of Leon. "What is Love?" von Haddaway passt auf Sergeant Pepper ungefähr genauso gut wie "Hells Bells" zu Elvis Presley, aber dank seines Talents, die ihm verpassten Songs für seine Zwecke umzugestalten und die Message der Stücke zu absorbieren und wieder abzustrahlen, hat er auch mit dieser Nummer überzeugt, auch wenn das sicherlich nicht seine beste Leistung war – nach einem grandios-balladesken Einstieg war die Nummer irgendwie zu hoch angelegt für Davids Stimme. Nächste Woche bitte wieder mehr Rock, das passt schon.
Bleibt noch der ewige Wackler Kassim Auale. Der hatte einen guten Tag, ein spektakuläres Bühnenbild – und wirkte sehr angespannt. Kein Wunder, stand er doch in der Vorwoche auf der Abschussliste. Töne treffen ist nicht sein Spezialgebiet, und aus seiner ohne Zweifel hervorragenden Stimme könnte er mit mehr Konzentration sicher wesentlich mehr rausholen, aber diese Fragestellung können wir getrost ad acta legen, denn am Ende standen beide "Abschusskandidaten" der Staffel gemeinsam vor dem Jury-Pult: Monique Simon und Kassim Auale zitterten gemeinsam – gehen musste schließlich Kassim. Da waren’s nur noch sieben.
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