"Die wilden 80er" – So lautet das Motto der 3. X-Factor-Live-Show am heutigen Dienstag. Liebe Kandidaten, in dieser Epoche kenne ich mich aus – immerhin fällt das in meine eigene wilde Jugendzeit! Und wenn man sich die Kandidaten-Songliste so anschaut, fallen einem als "Kenner" gleich einige "Go's" und "No Go's" auf. "Time after Time" von Cyndi Lauper zum Beispiel. Eine traumhafte Ballade von einer absolut kultig-schrägen, quirligen und schrill-bunten Sängerin, die hier trotz oder gerade wegen total kieksiger Stimme den Aha-Effekt provoziert. Was da wohl die 16-jährige Monique draus machen wird? Oder "Reality" von Richard Sanderson. Da liefen mir way back in the 80ties schon die Schauer über den Rücken – allerdings war die Gänsehaut nicht fröhlicher Natur, denn das Geschmalze ging mir damals schon gehörig auf den Wecker, sorry. "Sweet Dreams" von den Eurythmics: Absoluter Kult! Ebenso wie "Every breath you Take" von The Police… Ich sehe schon, das wird eine interessante Show. Ab 20.15 Uhr geht's hier weiter mit dem Live-Ticker!
Kategorie 16-24 Jahre / Mentor DAS BO:
– Kassim Auale (20), Student aus Krefeld, singt "Sweet Dreams" von Eurythmics
– Martin Madeja (19), Abiturient aus Marl, singt "Reality" von Richard Sanderson
– Monique Simon (16), Schülerin aus Wolfsburg, singt "Time after Time" von Cyndi Lauper
– RaffaelaWais (22), Studentin aus Berlin, singt "On The Radio" von Donna Summer
Kategorie 25 Jahre + / Mentor Till Brönner:
– David Pfeffer (29), Polizeikommissar aus Duisburg, singt "Every Breath You Take" von The Police
– Rufus Martin (35), Musiker aus München singt "Kiss" von Prince
– Volker Schlag (44), Musiker aus Gifhorn singt "Sexy" von Westernhagen
Kategorie Gruppen / Mentorin Sarah Connor:
– "BenMan", Duett aus St. Gallen (Schweiz) singen "Uptown Girls" von Billy Joel
– "Nica& Joe", Duett aus Köln, singen "One Moment In Time" von Whitney Houston
Los geht's! Am Anfang steht Juroren-Gezicke. Sarah Connor kann nicht so ganz überzeugend ihre Entscheidung vertreten, Gladys Mwatchiti in der Vorwoche heimgeschickt zu haben, Till wirkt immer noch angefressen und redet von "taktischem Manöver". Eine Meinung, die ich im Übrigen teile. Da kann Sarah noch so rührselig von Moniques Integration im Kandidatenlager sprechen. Egal – am Ende wird nur einer oder eine auf dem Treppchen stehen, und auch wenn ich Gladys eigentlich weit vorne gesehen habe, denke ich, dass sie wirklich gewonnen hätte.
Den Auftakt macht also Monique mit "Time after Time". Etwas atonal (wie auch die gute Cyndi ihrerzeit), nett gekleidet und verständlicherweise streckenweise etwas unsicher, schafft es Monique leider nicht, in die Fußstapfen des Originals zu treten. Das war wohl nicht die richtige Nummer, um zu überzeugen. Das sieht auch Till so, der Monique nicht fertigmachen will, wie er betont, jedoch die Nummer nur in den letzten Sekunden überzeugend fand. Im Gegensatz zu Sarah, die den Song "richtig gut" fand. Sie kann nach ihrer Entscheidung in der Vorwoche ja wohl auch nicht anders. Das Bo ist natürlich sehr zufrieden mit seinem Schützling.
Rufus geht gerne mal feiern. Hoffen wir mal, dass er seine raue Stimme nicht daher hat. Ich bin gespannt, ob "Kiss" von Prince wirklich zu seiner Stimme passt. Das ist schon ziemlich funky und wird sicher spannend. Oh ja: Das Stück ist Rufus auf den Leib geschneidert! Mehr Soul als Funk, mehr Motown als das Original, das natürlich dank Prince unkopierbar ist, aber sehr, sehr gut gecovert, ohne abzukupfern. "Schöne Inszenierung", lobt Sarah Look und Styling und hat auch sonst nichts auszusetzen. Das Bo findet's "ziemlich gut gesungen" – ziemliches Understatement, würde ich sagen. 😉 Und für Mentor Till ist Rufus "ein Filetstück" in der Show.
Dass Kassim Auale seit zwei Jahren Single ist, dürfte die jüngere Damenwelt erfreuen. Dass er auch Bock auf eine neue Freundin hat, noch mehr. Vielleicht hätte er das nicht so öffentlich sagen sollen – Angebote gibt es seit "X Factor" sicherlich genug. Aber kann das Hibbelpaket auch musikalisch überzeugen? "Sweet Dreams" von den Eurythmics sind schon ein harter Brocken. Kassim hat Respekt vor der Nummer – aber das hilft ihm wohl auch, eine überzeugende Leistung abzuliefern. Aus dem tiefgründigen, subtilen Song macht er eine groovige Nummer – und das sehr gut, auch wenn ein paar Schwächen vor allem in den hohen Tönen durchaus zu bemäkeln wären. Aber man will ja nicht kleinlich sein, das war sehr gut. Till Brönner bescheinigt Kassim eine "perfekte Radiostimme" und hält Kassim für den Star unter Bos Kandidaten. Sarah war der Auftritt "zu viel Joe Cocker", hält ihn aber für eine Rampensau. Und Bo ist froh, dass er Kassim mit in die Live-Shows genommen hat.
Es folgt der erste Höhepunkt der Show: David Pfeffer, Volker Schlag und Rufus Martin zelebrieren "Ain't no sunshine when she's gone", begleitet am Klavier von ihren Mentor Till Brönner. Eine Höllennummer, himmlisch soulig vorgetragen – ein musikalischer Hochgenuss außer Konkurrenz. Till setzt auf die Soulstimmen im Wettbewerb – und zeigt ein Gespür für Qualität. Ein Song, den sie ihrer ausgeschiedenen Kandidatin Gladys Mwatchiti widmen.
Jetzt sind BenMan an der Reihe, die zwei Schweizer Jungs von Sarah Connor. Die beiden Brüder, die im Lauf der Show schwer aufgetaut sind, dürfen eine echte Spaßnummer performen: "Uptown Girl" von Billy Joel. Da muss man ja eigentlich gute Laune kriegen, oder? Das ist nicht ganz so frisch wie beim guten Billy, aber trotzdem machen BenMan das sehr gut. Gesanglich leiern die beiden streckenweise ein bisschen. Bei der Optik machen sich die Jungs von Show zu Show. Trotzdem wage ich mal die Prophezeiung, dass es für einen Sieg wohl nicht reichen wird. Das Bo ist nicht ganz überzeugt und fragt sich, wo die ganzen Fans herkommen. "Ich kann mit Euch leider nichts anfangen", bekennt er, auch wenn er Fortschritte erkennen kann. Auch Till ist eher kritisch, wenngleich er es nicht ganz so pessimistisch ausdrückt wie sein Vorredner. Trotzdem: "Ich glaube, es wird schwer werden." Sarah ist stolz, dass ihre Schweizer Jungs heute "richtig performt" haben.
Der nette Martin Madeja hat bei mir ja einen Stein im Brett, obwohl er heute einen Song interpretieren wird, der auf meiner "Geht-gar-nicht-Liste" steht: "Reality" von Richard Sanderson, die ultimative Schmuse-Kuschel-Stehblues-Anlehn-Nummer schlechthin – zu weichgespült für meinen Geschmack. Aber ich soll ja den Gesang bewerten – wer weiß, vielleicht kann's Martin ja rausreißen? Das Stück ist sparsam instrumentiert, das ist schon mal ein Fortschritt. Nach anfänglichen kleinen Schnitzern zeigt Martin vor allem in den lauteren Sequenzen Qualität. Mein Lieblingssong wird das sicherlich trotzdem nicht mehr. Hat er aber nicht schlecht gemacht – gesanglich gibt es im Wettbewerb jedoch eindeutig stärkere Stimmen. Till Brönner sah Martin schon ins Verderben rennen mit dem Song und ist auch nicht ganz zufrieden mit der Leistung, was seiner Meinung nach an Martins Angst liegt. "Du kannst ja singen", betont er allerdings. Sarah Connor glaubt daran, dass Martin noch mehr Facetten hat, dass Bo allerdings nicht die richtigen Songs für ihn auswählt. Sie denkt, es könnte für ihn knapp werden. Das Bo überlässt die Wahl den Zuschauern, hofft aber, dass Martin diese überzeugen konnte.
Volker Schlag ist heute mit "Sexy" von Marius Müller-Westerhagen unterwegs. Ich will ja nicht schon wieder meckern, aber erstens singt Volker schon wieder Deutsch und zweitens mochte ich Westernhagen noch nie. Im Terzett mit David und Rufus hat Volker gezeigt, dass er durchaus auch was anderes singen kann; schade, dass er sich in die Richtung schon festlegen lässt. Mehr Facetten wären auch mehr Chancen. Für mich gilt bei "Sexy": Ohren auf und durch. Technisch ist das einwandfrei – etwas anderes hätte ich von Volker jetzt auch nicht erwartet – aber packen tut mich das jetzt nicht, obwohl er kräftig rockt. Gefühlvolle Nummern stehen ihm besser, eindeutig. Sarah hat schwere Töne gehört und eine verlebte Stimme. Trotzdem freut sie sich jede Woche auf Volkers Auftritte. Auch Bo stößt ins gleiche Horn. Er hält Volker zudem nicht für den stärksten Sänger und hätte gerne mal wieder eine Nummer "ohne Inszenierung". Harte Worte für den Kandidaten. "Du ziehst Dein Ding einfach durch", lobt hingegen Till seinen Ältesten, der für ihn einfach "arschcool" ist.
Nica & Joe, das Klassik-Duo, hat schon einen Menge begeisterter Fans mit ihrer Musik vereinen können. Heute haben sie sich eine Nummer von Whitney Houston vorgenommen, "One Moment in Time". Nicht das schlechteste Lied der Dame, aber der ganze Pathos und das Brimborium drumherum machen das Stück trotzdem zur Nervnummer. Wer's mag… aber erstmal sehen, was die beiden guten Sänger draus machen. Nica & Joe gehen in die Ganzen: Schmalz eimerweise, aber vermutlich kann man den Song gar nicht anders singen – und entweder man mag das, oder man mag das eben nicht. Auf mich, muss ich zugeben, trifft eher letzteres zu. Trotzdem: Das war natürlich sehr gut gemacht. Allerdings meine ich auch Das Bo sanft die Augen verdrehen gesehen zu haben. "Zünd die Fackel an und lauf, lauf, lauf nach Athen!", ruft Das Bo, dem der Auftritt too much war – hab ich die Augen also richtig gedeutet. Auch Till fand den Song nicht gut ausgewählt. Er wünscht sich mehr Zurückhaltung von Joe. "Das ist wie im richtigen Leben – der Orgasmus kommt auch erst am Ende!" Sarah – ach, wer hätt's gedacht – muss mit den Tränen der Rührung kämpfen, so sehr hat der Auftritt der beiden sie geflasht.
Der singende Polizist David Pfeffer hat sich – welch Zufall – eine Nummer von The Police ausgesucht. "Every Breath you take" ist eine ruhige Nummer, bei der treibender Bass und vor allem die Stimme im Vordergrund stehen. Also dürfte das genau das Richtige sein für den "Sergeant Pepper" der Staffel. Wird es David schaffen, das Publikum in seine "eigene kleine Welt zu ziehen", wie er das ausdrückt? Die rauchige Stimme zieht einen sofort in ihren Bann. In einem ganz anderen musikalischen Gewand wird der Song zu einem Pfefferschen Original, und jetzt dürfte es jedem klar sein: Hier steht der Favorit der Staffel auf der Bühne, ein Kandidat, der sich vom unscheinbaren Jemand auf der Live-Bühne rasant zum Überraschungspaket entwickelt hat. Von Sarah gibt es nur Lob. Auch Das Bo ist begeistert, und es fällt das Wort "Favorit". Er findet David allerdings mit der Gitarre stärker. Und Davids Mentor Till möchte seinem Kandidaten gar den roten Teppich ausrollen. Nicht ganz zu unrecht, übrigens. 😉
Raffaela Wais macht den Abschluss mit einem Motown-Kracher von Donna Summer, "On the Radio". So will sie beweisen, dass sie keineswegs "langweilig" ist. Ihre Interpretation ist gut: Raffaela sieht gut aus und singt sauber. Mir fehlen allerdings die "dreckigen" Stellen, der Tiefgang, das Rauchige, Lebendige. Diese Fassung ist zu klar und zu glatt, ohne richtiges Profil, sondern irgendwie mädchenhaft und nur technisch perfekt. Till nennt Raffaelas Auftritt ebenfalls "perfekt". Allerdings ist er sich nicht sicher, ob Raffaela wirklich den "X Factor" hat. Sarah lobt das Erscheinungsbild, hätte aber gerne mehr Überraschung und Wow-Effekt. Das Bo bedankt sich bei seiner Kandidatin für die "tolle Performance".
Wenn ich jetzt schon eine Prognose aufs Halbfinale abgeben sollte, würde ich mal sagen: David, Rufus und Kassim. Wobei Kassim gesanglich zwar am schwächsten von den dreien sein dürfte, aber sicherlich ein großes weibliches Publikum auf seiner Seite hat. Nach dem momentanen Stand der Dinge würde ich sagen, dass am ehesten David diese Staffel gewinnen wird – aber man weiß ja nie.
Solange die Votings laufen, darf "Profi" Kelly Clarkson ran. Was sie da singt, klingt recht belanglos und irgendwie so wie schon tausendmal gehört. Muss ich nicht haben.
Am Ende gibt es dann doch eine Überraschung: Wackelkandidatin Monique ist weiter – schließlich gab es eine lange, rührende Geschichte über sie. Im Gesangsduell mussten sich Kassim und Volker messen. Gehen musste schließlich Volker Schlag – der hatte sich mit seiner Interpretation von "Sexy" offenbar keinen Gefallen getan.
Schreibe einen Kommentar