Heute wird es besonders spannend in der 5. Live-Show von "X Factor": Nur noch sieben Acts sind im Rennen, und heute fliegen gleich zwei davon raus.Das Thema des Abends lautet: "Ein unmoralisches Angebot". Eieiei… aber eigentlich passt da keiner der Titel so richtig dazu. Naja, "Tainted Love" hört sich wenigstens ein bisschen verrucht an… Außerdem dürfen Justin Bieber und Rapper Pitbull dem Publikum ein Ständchen singen – unterschiedlicher kann Musik ja eigentlich nicht sein. Wir sind dabei in unserem Live-Ticker…
Kategorie 16-24 Jahre / Mentor DAS BO:
– Martin Madeja (19), Abiturient aus Marl, singt "Don’t Speak" von No Doubt
– Monique Simon (16), Schülerin aus Wolfsburg, singt "If I Ain’t Got You" von Alicia Keys
– RaffaelaWais (22), Studentin aus Berlin, singt "Tainted Love" von Soft Cell
Kategorie 25 Jahre + / Mentor Till Brönner:
– David Pfeffer (29), Polizeikommissar aus Duisburg, singt "Nothing Compares To You" von Sinéad O’Connor
– Rufus Martin (35), Musiker aus München singt "Hero" von Enrique Iglesias
Kategorie Gruppen / Mentorin Sarah Connor:
– "BenMan", Duett aus St. Gallen (Schweiz), singen "Bleeding Love" von Leona Lewis
– "Nica& Joe", Duett aus Köln, singen "Nessun Dorma" von Giacomo Puccini
Als erstes ist Martin Madeja dran. Der wollte nach Kassims Rausschmiss zu den Mädels im Kandidatenhaus ziehen. Erst jedoch musste er eine Mutprobe bestehen. Wozu eigentlich? Sich unter drei Frauen zu wagen, ist doch mutig genug, oder? Der 19-Jährige singt "Don't speak" von No Doubt. Na dann, Martin, red nicht so viel, sing lieber! Streckenweise klingt das etwas blechern, und da gehen doch einige Töne daneben. Das ist definitiv nicht sein Song, leider. Von Till gibt's ne gute und ne schlechte Nachricht: Er findet, dass Martin eine klasse Stimmfarbe hat – stimmt! Dass er aber die falsche Technik hat – stimmt auch! Sarah sieht in Martins Heiserkeit ein Symptom für Nervosität. Den "Macho" in Martin mag sie. Selbst Bo muss einräumen, dass die Töne nicht sonderlich gut getroffen waren. Martin selbst sieht eine Steigerung zur Vorwoche – naja…
Rufus Martin darf heute die gewünschte Ballade präsentieren: "Hero" von Enrique Iglesias. Hoffentlich in einer ordentlichen Soulversion. Das kann dann nur besser als das Original werden. Ungewohnt förmlich gekleidet im Anzug, intoniert Rufus den Song voller Inbrunst, und die Gefühle kann man ihm voll abnehmen. Allerdings ist er etwas zu schnell; eine sensiblere Inszenierung hätte dem Stück hier gut getan. Auch Rufus hat ein paar Krätzerchen im stimmlichen Lack, aber im Vergleich zu Martin ist er eindeutig ein paar Level höher zu Hause. Für Sarah ist Rufus "ein richtiges Überraschungspaket", das jedes Mal noch einen draufsetzt. "Das war richtig gut!", lobt die Jurorin, die richtig begeistert ist. Das Bo findet die kraftvollen Passagen "unglaublich und immer auf dem Punkt", bei den langsamen Teilen etwas nuschelig. Dem kann ich zustimmen. Till ist natürlich total begeistert von Rufus.
Zwischendurch darf der Profi ran: Pitbull singt "Rain over me". Der Mega-Star sieht aus wie Telly Savallas mit einer Sonnenbrille von Heino, und der Song hat den Sound von einem Enrique-Iglesias-Stück. Gut zum Stimmung machen, aber sicher kein Meilenstein in der Geschichte des Rap. Dass es dafür noch Standing Ovations von der Jury gibt, zeugt nicht unbedingt von musikalischem Sachverstand.
Ein kleiner Kontrast folgt mit BenMan. Die Brüder aus der Schweiz spalten die Gemüter. Nach dem "Scheißabend" der Vorwoche wollen die beiden heute zeigen, dass sie "Bleeding Love" von Leona Lewis draufhaben. Ob das gut geht? Der Song hat seine Tücken. Aber offensichtlich haben BenMan beim Radio7-Charity-Konzert vor ein paar Tagen ordentlich Selbstvertrauen getankt – in einer schönen Duett-Version hört sich das wirklich nicht schlecht an. Mir geht's besser ins Ohr als das Original, bei dem die hohe Stimme mich immer nervt. Allerdings sind die hohen Töne nicht BenMans Spezialität, worüber ich jetzt mal großzügig hinwegsehe, genau wie wohl auch die vielen kreischenden Fans im Publikum – ist das etwa die "Generation Bieber", die da am Werk war? Da fällt sogar Das Bo nichts anderes ein, als die Jungs zu loben. Und das liegt nicht an dem Geschenk, das er bekommen hat. "In der Summe wahnsinnig gut", bescheinigt ihnen auch Till, der die Schweizer sehr professionell findet. Und Sarah ist stolz wie Bolle.
Zeit, um mal zu erwähnen, dass der professionelle Mädchen-Kreisch-Chor im Hintergrund gehörig nervt. Da wallen Visionen in mir auf, in denen große Heftpflaster auf zahnspangenhaltigen Mündern vorkommen. Man möge mir verzeihen, aber meine Ohren sind da etwas empfindlich. Man will ja nicht taub werden vor dem nächsten Auftritt. Moderator Jochen Schropp bietet übrigens Hilfe beim Runterladen der Songs an. Läuft es etwa nicht genug?
Monique Simon hat schon einige Tiefs hinter sich, zumindest was die "X Factor"-Show angeht. In der vorigen Woche wäre sie zum zweiten Mal fast rausgeflogen. "Jetzt wird's richtig eng", konstatiert die 16-Jährige daher vollkommen folgerichtig. Und Hut ab vor Mit-Kandidat David Pfeffer, der ziemlich unverblümt artikuliert, was er davon hält, ein so junges Mädchen einem solchen Druck auszusetzen. Mit "If I ain't got you" von Alicia Keys hat Monique endlich mal eine Nummer bekommen, die zu ihr passt und wo sie ihr stimmliches Potential nutzen kann. Falls sie heute gehen muss, dann kann sie dies in dem Gefühl tun, vorher noch eine gute Leistung geliefert zu haben. Sarah Connor ist denn auch zu Tränen gerührt. Till findet, dass man zu oft versucht, Monique in zu große Schuhe zu stecken, und bemängelt ihr Englisch. Ausgerechnet heute ist mir das nicht aufgefallen. Das Bo dagegen findet, dass dies eine der besten Performances war, die es bei "X Factor" gegeben hat. Und ist da eine kleine Kampfansage an David Pfeffer zu vernehmen?
Nochmals die dringende Bitte meinerseits, die grausam kreischende Zahnspangen-Fraktion aus dem Saal zu entfernen, damit aus dem armen Justin Bieber nicht in spätestens fünf Jahre ein "Deaf Man Walking" wird. Der Junge ist echt gestraft…
Als locker-flockige Einlage zwischendurch darf Sarah mit ihren beiden Duetten "Crazy" performen. Das hört sich nicht schlecht an.
David Pfeffer hat sich "Nothing compares 2U" von Sinhead O' Connor herausgesucht. Eine Nummer, bei der er wieder all seine Emotionen ausspielen kann. Der Junge spielt in einer anderen Liga – ein Profi, der trotzdem sehr menschlich auf der Bühne agiert. Da kreischen selbst die Bieber-Girls ein bisschen mit. Sicher nicht seine Zielgruppe, aber immerhin… Ich fühle mich ein bisschen an den jungen Paul Young erinnert. Da will der Applaus kein Ende nehmen. "Nothing compares to Pfeffer", kommentiert Das Bo, der trotz seiner Verärgerung wegen Monique gestehen muss, dass die Performance klasse war. "Das riecht so ein bisschen nach Finale hier", meint auch Sarah Connor. Von Finale will Till noch nichts hören, sagt er zumindest. Hochmut kommt vor dem Fall, das weiß der Profi und betreibt ein bisschen Understatement, denn Brönners Augen sprechen ganz anderes.
"Nessun Dorma" wurde schon in einigen Sendungen abgenudelt. Heute von Nica & Joe – für letzteren eine gute Gelegenheit, seinen Tenor voll auszupowern. Hoffentlich ballert er Nica damit nicht von der Bühne. Oh, das hört sich gut an. Erst die Opernversion für den Herren, dann die Pop-Inszenierung für die Dame. Mein Szenario sieht vor, dass der Intendant eines großen Festspielhauses zufällig die Sendung sieht, von Joe begeistert ist und ihn vom Fleck weg engagiert. Nica singt fortan traurige Liebeslieder, die vom Verlassen handeln, und wird zum Weltstar. David Pfeffer gewinnt "X Factor" und lehnt den Titel ab, weil er lieber mit seiner Band durchstarten will. Zurück zur Jury. Das Bo brummelt nur vor sich hin – ist er frustriert ob der Konkurrenz? Till schwärmt für's italienische Timbre und lobt enthusiastisch. "Joe, das war Dein großer Moment heute Abend", stellt Sarah Connor fest, will aber auch betonen, dass Nica sich nicht hinter dem Opernsänger zu verstecken braucht.
Den Abschluss der Kandidatenrunde macht Raffaela Wais. Stimmlich ist sie top, doch es fehlt ihr noch ein wenig an Identität – behauptet zumindest Sarah Connor. "Tainted Love" von Soft Cell ist eins meiner Lieblings-New-Wave-Lieder aus den 80ern. Ob Raffaela das auch so herrlich unterkühlt hinkriegt wie im Original? Das ist zweifelsohne gut gesungen – doch Stimmung kommt da bei mir nicht auf. Das Arrangement ist nicht geschmeidig genug; da ist zu viel Inszenierung drin, so dass die Message irgendwie verloren geht. "Wunderbar", lobt Till, "sensationelles Outfit". Er ist sich offenbar nicht ganz sicher, ob die Emotionen rübergekommen sind. "Klasse Inszenierung", findet Sarah Connor, die den Auftritt gut fand. Das Bo ist zufrieden, aber im Allgemeinen wirkt er heute nicht ganz glücklich; vermutlich ahnt er schon, dass er mindestens einen Kandidaten nach Hause schicken muss.
Nun kommt der unvermeidliche Justin Bieber. Nix gegen den Jungen, der kann was – immerhin schreibt er seit Jahren selbst seine Songs -, aber die Fans dazu sind eine Strafe. Hören die überhaupt Musik, oder reicht ihnen auch die Stummschaltung? Bei dem Kreischalarm-Pegel in der Halle ist jedenfalls nicht viel zu verstehen… ach doch! Justin singt vom Mistelzweig – Jo, ist denn scho wieder Weihnachten? Auch dieses Stück gehört zu den Songs, die die Welt eigentlich nicht braucht. Und Jochen Schropp hat Mühe, im anschließenden Gespräch mit dem Teenie-Star dessen Antworten zu übersetzen, die die Mädels offensichtlich gar nicht interessieren – die hören sich lieber selbst ekstatisch kreischen. War ich auch mal so? Nö. Wirklich nicht? Nö! Denk nach: Ganz ehrlich? NÖÖÖÖ!!!
Die Zeit der Entscheidung ist gekommen. Direkt weiter sind Monique, Rufus, Nica & Joe und David. Martin, Raffaela und BenMan stehen noch vorne: Wer erhält via Gesangsduell noch eine Chance, wer ist direkt draußen? Es trifft Martin Madeja. Dieser zeigt sich als fairer Verlierer, auch wenn ihm der Abschied sichtlich schwer fällt. Klar: Es geht nicht nur ums Gewinnen der Show, sondern auch um die Kontakte, die man zu den anderen Kandidaten geknüpft hat.
Im Gesangsduell stehen Raffaela und BenMan. Da haben die beiden Schweizer natürlich schlechte Karten, denn die stärkste weibliche Stimme im Wettbewerb gibt nochmal alles. In Bos Augen glitzern die Tränen; er scheint sichtlich mitgenommen zu sein vor der Entscheidung. Natürlich will er seine Kandidatin wiedersehen, und natürlich will Sarah BenMan in der nächsten Runde haben. Am Ende ist Till Brönner das Zünglein an der Waage; er macht es spannend, entscheidet sich aber letztendlich doch für Raffaela Wais, die das Weiterkommen aufgrund ihrer konstant guten Leistungen und der starken Stimme sicherlich verdient hat.
Schreibe einen Kommentar